Finkenzeller

Baulärm berechtigt nicht immer zur Mietminderung

Mietrecht
25.01.2022

Der BGH bekräftigt nochmals seine bereits in der sog. 'Bolzplatzentscheidung' aufgestellten Grundsätze zur Frage einer Mietminderung wegen Lärm von Nachbargrundstücken. Wenn der Vermieter diesen Lärm nicht verursacht hat und auch selbst ohne eigene Abwehrmöglichkeit hinnehmen muss, kann sich ein Anspruch auf Mietminderung nur dann ergeben, wenn zwischen Mieter und Vermieter bei Abschluss des Kaufvertrages eine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde.

Die Anforderungen daran, wann eine solche (konkludente) Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen ist, schraubt der BGH - zu Recht, wie ich meine - relativ hoch: In der Entscheidung hebt er das LG Berlin auf, welches eine andere Ansicht vertreten hatte. Er weist darauf hin, dass es nicht ausreicht, dass der Mieter die Ruhe der Wohnlage bei Vertragsschluss als für sich positiv wahrgenommen und eventuell gerade deswegen den Vertrag abgeschlossen hat. Der Vermieter musste ebenfalls eine entsprechend Beschaffenheitsvereinbarung abschließen und das damit einhergehende Risiko übernehmen haben wollen. Davon kann jedoch regelmäßig nicht ausgegangen werden.

Für den Fall also, dass der Lärm von einem Nachbargrundstück ausgeht, der Vermieter hiergegen nicht vorgehen kann und die Beeinträchtigung auch nicht von ihm ausgelöst ist, wird ein Anspruch auf Mietminderung regelmäßig ausscheiden.

Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung in die eine oder andere Richtung getroffen wurde oder der Lärm aus Baumaßnahmen des Vermieters herrührt.

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BGH, Urteil vom 24.11.2021, Az. VIII ZR 258/19

Leitsätze

1. Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Lärm- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss (Bestätigung des Senatsurteils vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 28; vgl. auch Senatsurteil vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, BGHZ 205, 177 Rn. 35 ff.).

2. Eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien kann nicht mit der Begründung bejaht werden, die Freiheit der Wohnung von Baulärm werde regelmäßig stillschweigend zum Gegenstand einer entsprechenden Abrede der Mietvertragsparteien (Bestätigung des Senatsurteils vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 56 ff.).

Wohnanlage WEG

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 64 - vom 21. August 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Gründe

Tatbestand:

Die Kläger sind seit dem Jahr 2011 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung der Beklagten in Berlin, deren monatliche Bruttowarmmiete 777,88 € beträgt. Ab November 2017 errichtete die Streithelferin der Beklagten auf einem Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite, welches bis dahin als Kleingartenkolonie genutzt worden war, vier Wohngebäude mit sechs bis acht Vollgeschossen samt Unterkellerung und einer Tiefgarage.

Die Kläger hielten wegen des durch diese Baustelle auf ihre Wohnung einwirkenden Baulärms sowie wegen mit den Baumaßnahmen verbundener Staubentwicklung eine Mietminderung von 30 % seit November 2017 für angemessen. Mit der vorliegenden Klage haben sie die Beklagte deshalb auf anteilige Rückzahlung der bis einschließlich Mai 2018 geleisteten Miete in Höhe von insgesamt 1.633,38 € nebst Zinsen in Anspruch genommen und weiter die Feststellung begehrt, dass die Bruttowarmmiete seit Juni 2018 bis zur Beendigung der Außenarbeiten auf dem gegenüberliegenden Grundstück um 30 % gemindert sei. Hilfsweise haben sie die Rückzahlung überzahlter Miete bis Juli 2019 in Höhe von weiteren 3.267,04 € nebst Zinsen sowie die Feststellung verlangt, dass die Miete seit dem 18. Juli 2019 bis zur Beendigung der Außenarbeiten gemindert sei.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Kläger seit Juni 2018 bis zur Beendigung der Außenarbeiten berechtigt seien, die Bruttowarmmiete für die von ihnen angemietete Wohnung um 15 % zu mindern; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufungen der Kläger, der Beklagten und der Streithelferin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat die Beklagte zur Rückzahlung von 816,77 € (für die Monate November 2017 bis Mai 2018) nebst Zinsen verurteilt und zudem festgestellt, dass die Bruttowarmmiete für die von den Klägern angemietete Wohnung seit 1. Juni 2018 bis einschließlich 17. Juli 2019 um 15 % gemindert gewesen sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2019, 1309) hat zur Begründung sei- ner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesent- lichen ausgeführt:

Die Miete sei, jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, wegen der von der Großbaustelle ausgehenden Störungen nach § 536 BGB gemindert gewesen. Die Freiheit der Wohnung von Baulärm - mangels Existenz einer benachbarten Baustelle bei Abschluss des Mietvertrags, sonstiger beidseitiger Kenntnis eines entsprechenden Vorhabens oder ausdrücklicher abweichender Absprachen - werde regelmäßig stillschweigend Gegenstand der Beschaffenheitsvereinbarung, da im großstädtischen Kontext Baumaßnahmen zwar nicht unüblich seien, aber selbst dort - und auch in Berlin - die ganz überwiegende Anzahl der Mietwohnungen von entsprechenden Maßnahmen und den damit verbundenen erheblichen zusätzlichen Immissionen nicht betroffen sei.

Für eine solche Auslegung der gegenseitigen Vertragserklärungen spreche, dass sowohl auf eine Wohnung einwirkende Immissionen als auch deren Abwesenheit typischerweise Auswirkungen auf die Höhe der ortsüblichen Miete hätten. Dementsprechend sehe auch die Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel die negativen Wohnwertmerkmale 'besonders lärmbelastete Lage' und 'besonders geruchsbelastete Lage' sowie das positive Wohnwertmerkmal 'besonders ruhige Lage' vor. Das Maß der auf eine Mietwohnung einwirkenden Immissionen werde deshalb stillschweigend Gegenstand der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung, so dass sich eine erhebliche Verschlechterung des Immissionsniveaus, die zu einer ungünstigeren Einordnung der Wohnung in die immissionsbezogenen Kategorien der Orientierungshilfe führe, als Mangel darstelle. Davon sei bei einem Bauvorhaben des hier vorliegenden Ausmaßes ohne weiteres auszugehen, so dass die Kläger dem Grunde nach zu Recht eine Mietminderung geltend machten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, BGHZ 205, 177) könnten die Kläger allerdings keine Mietminderung geltend machen, weil nicht feststellbar sei, dass der Beklagten gegenüber ihrer Streithelferin Unterlassungs- oder Ausgleichsansprüche nach § 906 BGB zustünden. Denn in zeitlicher Hinsicht würden die Vorgaben der AVV Baulärm eingehalten, da auf der Baustelle morgens vor 7 Uhr und abends nach 20 Uhr unstreitig nicht gearbeitet werde. Auch sei auf Grundlage des Vortrags der Kläger nicht erkennbar, dass der nach der AVV Baulärm tagsüber einzuhaltende Immissionsrichtwert für Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht seien, überschritten sein könnte. Die Kläger trügen im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zudem nicht vor, dass die Streithelferin besonders rücksichtslos vorgehe, indem sie die in der AVV Baulärm für einzelne Baumaßnahmen sowie den Einsatz bestimmter Baumaschinen und Geräte empfohlenen Schutzmaßnahmen missachte.

Das Berufungsgericht halte die Ratio der 'Bolzplatzentscheidung' des Bundesgerichtshofs (VIII ZR 197/14) jedoch nicht für überzeugend. Deren tragendes Argument, der Vermieter habe regelmäßig keinen Einfluss darauf, dass die zu Mietbeginn bestehenden Verhältnisse während der gesamten Dauer des Mietvertrags unverändert fortbestehen, und wolle deswegen erkennbar eine Haftung für den Fortbestand derartiger 'Umweltbedingungen' nicht übernehmen, gehe insofern fehl, als die Mietvertragsparteien die Höhe der Miete typischerweise gleichwohl an Hand der Lage der Wohnung und der auf die Wohnung einwirkenden Umweltbedingungen aushandelten und vereinbarten. Selbst wenn nachträgliche Veränderungen der 'Umweltbedingungen' nach Maßgabe einer ergänzenden Vertragsauslegung auszugleichen wären, entspräche es jedenfalls nicht der Billigkeit, Ausgleichsansprüche des Mieters davon abhängig zu machen, ob dem Vermieter seinerseits Ansprüche gegen den durch Baumaßnahmen störenden Nachbarn zustehen. Der Maßstab des § 906 BGB passe für den Wohnungsmieter, der - anders als der vermietende Eigentümer - selbst kein auch nur abstraktes Interesse daran habe, seinerseits auf dem beeinträchtigten Grundstück Baumaßnahmen vornehmen zu dürfen, auch deswegen nicht, weil im Rahmen des § 906 BGB auf die Beeinträchtigung des Gesamtgrundstücks abzustellen sei, während es für den Wohnungsmieter entscheidend nur auf die Beeinträchtigung der von ihm gemieteten Wohnung ankomme.

Soweit die Beklagte bei Abschluss des Mietvertrags um die Planung des Bauvorhabens gewusst, die Kläger aber nicht entsprechend informiert habe, könnte eine ergänzende Vertragsauslegung hier ohnehin nicht zum Ausschluss einer Mietminderung führen, da sie in diesem Fall arglistig gehandelt hätte und es unter solchen Umständen jedenfalls grob unbillig wäre, eine ergänzende Vertragsauslegung zu Gunsten des Vermieters vorzunehmen. Mit dem Argument, die Kläger hätten auf Grund der Presseveröffentlichungen ab 2010 ebenfalls Kenntnis von den Planungen haben müssen, weswegen ihnen der angebliche Mangel im Sinne des § 536b BGB nur wegen grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sei, könnten die Beklagte und ihre Streithelferin nicht durchdringen, da das Unterlassen einer vorherigen Presserecherche auf Seiten der Kläger allenfalls den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit begründen könne.

Angesichts der typischerweise mit den durch eine Großbaustelle der hier unstreitigen Qualität verbundenen Lärm- und Schmutzimmissionen sei die Höhe der von Seiten des Amtsgerichts zuerkannten Minderung von 15 % angemessen. Das auf Feststellung der Mietminderung ab Rechtshängigkeit der Klage gerichtete Begehren sei nach § 256 ZPO zulässig und in Höhe von 15 % ebenfalls begründet, letzteres allerdings nur für den Zeitraum bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen sei, dass und bis wann der Nutzen der Wohnung auch zukünftig durch von den Baumaßnahmen ausgehende Störungen mehr als unerheblich beeinträchtigt werde.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Minderung der Miete gemäß § 536 Abs. 1 BGB und demzufolge auch ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung überzahlter Miete aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sowie auf Feststellung einer entsprechenden Mietminderung nicht bejaht werden. Denn das Berufungsgericht hat hinsichtlich der von ihm angenommenen Minderung der Miete um 15 % wegen Lärm- und Schmutzimmissionen, die von der Baustelle der Streithelferin auf die von den Klägern angemietete Wohnung eingewirkt haben sollen, unter pauschalem Verweis auf vermeintliche Typizitäten und unter bewusster Abweichung von der einschlägigen Senatsrechtsprechung bereits nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen, ob und in welchem Ausmaß derartige Immissionen tatsächlich erfolgt sind und ob hierdurch eine mehr als nur unerhebliche Minderung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch eingetreten ist (§ 536 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).

1. Die Klage ist - auch betreffend den Feststellungsantrag - zulässig. Das Berufungsgericht hat insoweit ohne Rechtsfehler das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche - in der Revisionsinstanz ebenfalls von Amts wegen zu prüfende (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 14 mwN) - Feststellungsinteresse der Kläger für die von ihnen begehrte Feststellung einer Minderung der Miete ab Juni 2018 bejaht.

Dem steht nicht die Möglichkeit einer Leistungsklage auf Rückforderung (etwa unter Vorbehalt) gezahlter Mieten entgegen. Denn das Feststellungsinte- resse der Kläger richtet sich darauf, dass zwischen den Parteien die Minderung der Miete für den Zeitraum ab Klageerhebung bis zur Beendigung der Außenar- beiten rechtsverbindlich festgestellt wird, weil dies einerseits im Hinblick auf künf- tige Mietzahlungen, andererseits aber - auch soweit zurückliegende Mietzeit- räume betroffen sind - gleichsam als Vorfrage im Fall einer etwaigen Zahlungs- verzugskündigung von Bedeutung sein kann. Diese rechtsverbindliche Feststel- lung kann durch eine Leistungsklage nicht erreicht werden, weil insoweit die Min- derung der Miete nur eine nicht in Rechtskraft erwachsende Vorfrage darstellt (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2018 - VIII ZR 67/18, juris Rn. 24; vom 22. August 2018 - VIII ZR 99/17, NJW-RR 2018, 1285 Rn. 17).

Das Feststellungsinteresse entfällt auch nicht (teilweise) dadurch, dass die Kläger seit Klageerhebung zwischenzeitlich weitere Mietzahlungen vorgenommen haben und für die betreffenden Monate in der Lage gewesen wären, die insoweit aus ihrer Sicht überzahlten Beträge - wie zudem mit ihren in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hilfsweise gestellten Anträgen geschehen - im Wege der Leistungsklage zurückzuverlangen. Denn in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine ursprünglich in zulässiger Weise erhobene Feststellungsklage nicht dadurch unzulässig wird, dass im Verlauf des Rechtsstreits die Voraussetzungen für den Übergang zu einer Leistungsklage eintreten und es dem Kläger nachträglich möglich wird, zu einer Leistungsklage überzugehen (BGH, Urteile vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79 unter B II 1; vom 28.September 2005 -IVZR 82/04, BGHZ 164, 181, 183; vom 6. November 2013 - VIII ZR 194/12, NVwZ 2014, 962 Rn. 15; vom 17. Dezember 2020 - I ZR 228/19, NJW 2021, 2023 Rn. 15; jeweils mwN).

2. Allerdings tragen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht dessen Annahme, die von den Klägern geschuldete Miete sei wegen von der Baustelle auf die Wohnung einwirkender Lärm- und Schmutzimmissionen gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert. Denn das Berufungsgericht hat unter bewusster Abweichung von der einschlägigen Senatsrechtsprechung die Anforderungen an einen Mangel der Mietwohnung wegen Lärm- und Schmutzimmissionen, die von einer auf einem benachbarten Grundstück betriebenen Baustelle auf diese einwirken, zu niedrig angesetzt.

a) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft vom Vorliegen einer stillschweigend getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung zur 'Freiheit der Wohnung von Baulärm' und einem hiernach die Kläger zur Minderung der Miete berechtigenden Mangel ausgegangen.

aa) Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (sog. Umweltfehler), wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit allerdings Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (siehe zum Ganzen etwa Senatsurteile vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680 Rn. 8; vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, BGHZ 205, 177 Rn. 18; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 24 f.; jeweils mwN).

bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Freiheit einer Wohnung von Baulärm (mangels Existenz einer benachbarten Baustelle bei Abschluss des Mietvertrags, sonstiger beidseitiger Kenntnis eines entsprechenden Vorhabens oder ausdrücklicher abweichender Absprachen) regelmäßig und auch vorliegend stillschweigend Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sei, da 'im großstädtischen Kontext Baumaßnahmen zwar nicht unüblich sind, aber selbst dort - und auch in Berlin - die ganz überwiegende Mehrzahl der Mietwohnungen von entsprechenden Maßnahmen und den damit verbundenen erheblichen zusätzlichen Immissionen nicht betroffen ist' (unter Berufung auf LG Berlin [67. Zivilkammer], NJW-RR 2016, 1162 f.).

"Für die Annahme einer solchen Willensübereinstimmung bezüglich einer 'Umweltbedingung' reicht es jedoch nicht aus, dass der Mieter bei Vertragsschluss einen von außen auf die Mietsache (nicht) einwirkenden Umstand ... in einer für ihn vorteilhaften Weise wahrnimmt und er sich (möglicherweise auch) wegen dieses Umstands dafür entscheidet, die Wohnung anzumieten."

(1) Mit seinem - allerdings erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Urteil vom 29. April 2020 hat der Senat darauf hingewiesen, dass diese Sichtweise mit seiner ständigen Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine mietvertragliche Beschaffenheitsvereinbarung nicht zu vereinbaren ist (VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 56 ff.). Denn auch eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Für die Annahme einer solchen Willensübereinstimmung bezüglich einer 'Umweltbedingung' reicht es jedoch nicht aus, dass der Mieter bei Vertragsschluss einen von außen auf die Mietsache (nicht) einwirkenden Umstand - wie hier die Abwesenheit von Baulärm - in einer für ihn vorteilhaften Weise wahrnimmt und er sich (möglicherweise auch) wegen dieses Umstands dafür entscheidet, die Wohnung anzumieten.

Zur konkludent geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung wird dieser Umstand vielmehr nur, wenn der Vermieter aus dem Verhalten des Mieters nach dem objektiv zu bestimmenden Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) erkennen musste, dass der Mieter die Fortdauer dieses bei Vertragsschluss bestehenden Umstands über die unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses hinweg als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ansieht, und der Vermieter dem zustimmt. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters genügt für die Annahme einer diesbezüglichen Willensübereinstimmung selbst dann nicht, wenn sie dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist jedenfalls, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert (zum Gan- zen bereits Senatsurteile vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680 Rn. 10; vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, BGHZ 205, 177 Rn. 20; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 57).

Dabei ist, soweit es um Immissionen geht, die von einem Nachbargrundstück auf die Mietsache einwirken, im Übrigen der offensichtliche und beiden Parteien bekannte Umstand zu berücksichtigen, wonach der Vermieter regelmäßig keinen Einfluss darauf hat, dass die zu Mietbeginn bestehenden Verhältnisse während der gesamten Dauer des Mietvertrags unverändert fortbestehen. Der Mieter kann daher im Allgemeinen nicht erwarten, dass der Vermieter die vertragliche Haftung für den Fortbestand derartiger 'Umweltbedingungen' übernehmen will. Die Annahme einer dahingehenden konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung wird deshalb allenfalls in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen und jedenfalls konkrete Anhaltspunkte für die Übernahme einer so weitgehenden und vom Vermieter nicht beherrschbaren Haftung voraussetzen (Senatsurteile vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, aaO Rn. 21; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 58).

Derartige Umstände sind vorliegend aber weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich.

(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich das Vorliegen einer entsprechenden stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung auch nicht allein damit begründen, dass sowohl die auf eine Wohnung einwirkenden Immissionen als auch deren Abwesenheit 'typischerweise' Auswirkungen auf die Höhe der ortsüblichen Miete hätten, wie auch entsprechende Wohnwertmerkmale in der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel ('besonders lärmbelastete Lage', 'besonders geruchsbelastete Lage', 'besonders ruhige Lage') zeigten, so dass die Vereinbarung der jeweiligen Miethöhe stets unter Zugrundelegung des bei Vertragsabschluss vorgefundenen Immissionsniveaus erfolge. Denn auch wenn die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Immissionsverhältnisse auf den Abschluss des betreffenden Mietvertrags zu den jeweiligen Bedingungen von Einfluss gewesen sein sollten, ließe dies allein nicht - jedenfalls nicht ohne konkrete Anhaltspunkte - den weitergehenden Schluss zu, dass der Vermieter deshalb seinerseits bereit war, die vertragliche Haftung für einen unveränderten Fortbestand der Immissionsverhältnisse der Umgebung, auf die er regelmäßig keinen Einfluss hat, zu übernehmen.

Unzutreffend ist dementsprechend auch die - den objektiven Erwartungshorizont der Mietvertragsparteien und den hieran ausgerichteten Beurteilungsmaßstab nach der Senatsrechtsprechung geradezu ins Gegenteil verkehrende - Annahme der Revisionserwiderung, es werde stets Teil der Beschaffenheitsvereinbarung, dass 'die Wohnung grundsätzlich so bleiben solle, wie sie ist', weswegen es vielmehr dem Vermieter obliege, seinerseits eine entsprechende (negative) Beschaffenheitsvereinbarung zu veranlassen, wenn er das Risiko von Veränderungen der Immissionssituation nicht tragen wolle.

Etwas anderes folgt schließlich auch nicht daraus, dass - wie das Berufungsgericht gemeint hat - 'für das Reiserecht' auf eine Ferienunterkunft einwirkender Baulärm als Reisemangel anerkannt sei, da insoweit - worauf die Revision zu Recht hingewiesen hat - bereits die Interessenlage der jeweiligen Vertragsparteien nicht im Ansatzpunkt vergleichbar ist.

b) Soweit danach konkrete Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, beantwortet sich die Frage, was im Einzelnen zu dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand der in Rede stehenden Wohnung gehört, den der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB während der Mietzeit zu erhalten hat, nach den gesamten Umständen des Mietverhältnisses und den daraus in - gegebenenfalls ergänzender - Auslegung abzuleitenden Standards, insbesondere nach der Mietsache und deren beabsichtigter Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung des in § 242 BGB normierten Grundsatzes von Treu und Glauben (Senatsurteile vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, BGHZ 205, 177 Rn. 23; vom 5. Dezember 2018 - VIII ZR 17/18, NJW-RR 2019, 270 Rn. 13; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 27).

"Dabei kann ... dem Vermieter nicht einseitig das Risiko einer geräusch- und schmutzintensiven Nutzungsänderung auf einem Nachbargrundstück zugewiesen werden. ... [N]achträglich erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen durch Dritte [begründen] jedenfalls dann grundsätzlich keinen ... zur Mietminderung führenden Mangel einer Mietwohnung, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss..."

Dabei kann, wie der Senat für Lärmimmissionen, die von einem Nachbargrundstück auf die Mietsache einwirken, bereits entschieden (Senatsurteil vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, aaO Rn. 24) und zwischenzeitlich ausdrücklich für - wie hier - von einer benachbarten Baustelle herrührende Lärm- und Schmutzimmissionen bestätigt (Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 28) hat, dem Vermieter nicht einseitig das Risiko einer geräusch- und schmutzintensiven Nutzungsänderung auf einem Nachbargrundstück zugewiesen werden. Es kommt vielmehr darauf an, welche Regelung die Mietvertragsparteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als redliche Vertragspartner getroffen hätten, wenn ihnen bei Vertragsschluss die von ihnen nicht bedachte Entwicklung in Gestalt der erhöhten Immissionsbelastung bewusst gewesen wäre. Hiernach begründen bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen nachträglich erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen durch Dritte jedenfalls dann grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung führenden Mangel einer Mietwohnung, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss (§ 906 BGB); insoweit nimmt der Wohnungsmieter an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil (Senatsurteile vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14, aaO Rn. 35 ff., 43; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO).

c) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die vom Berufungsgericht und von der Revisionserwiderung hiergegen vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

aa) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass der Maßstab des § 906 BGB für den Wohnungsmieter nicht 'passe' - weil dieser selbst kein Interesse habe, seinerseits auf dem beeinträchtigten Grundstück Baumaßnahmen durchzuführen, und es für ihn nicht auf die Störung des Gesamtgrundstücks, sondern allein auf die Störung der von ihm angemieteten Wohnung ankomme -, beruht dies auf einem (auch in Teilen des Schrifttums weiterhin vorzufindenden) grundlegenden Fehlverständnis der Senatsrechtsprechung zur ergänzenden Auslegung von Wohnraummietverträgen in Bezug auf von benachbarten Grundstücken herrührende Immissionen.

(1) Denn das Berufungsgericht übersieht bereits im Ausgangspunkt, dass der Senat die Vorschrift des § 906 BGB in diesem Zusammenhang weder unmittelbar noch entsprechend zur Anwendung bringt, sondern im Rahmen der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung des Mietvertrags lediglich ihre nachbarrechtliche Ausstrahlungswirkung zur Konturierung der im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmenden mietvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien berücksichtigt (so ausdrücklich Senatsurteile vom 29.April 2015 - VIII ZR 197/14, aaO Rn. 43; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 70).

Dabei hat sich der Senat von der Erwägung leiten lassen, dass die in § 906 BGB angelegten Wertungen im Nachbarrecht eine Konkretisierung des allgemeinen Gebots von Treu und Glauben darstellen, mithilfe derer ein bei der Nutzung benachbarter Grundstücke möglicherweise auftretender Konflikt in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden soll. Diese im Bürgerlichen Gesetzbuch getroffene gesetzliche Wertung wird einbezogen, um der ergänzenden Vertragsauslegung im Verhältnis der Mietvertragsparteien noch stärkere rechtliche Konturen zu verleihen (Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO mwN).

(2) In der Sache wird damit bei der Prüfung des Vorliegens eines zur Mietminderung berechtigenden Mangels wegen Immissionen von Nachbargrundstücken ein Maßstab zugrunde gelegt, wie er im Wohnraummietrecht in vergleichbarer Weise bereits mit dem Merkmal der Sozialadäquanz - namentlich bei (Wohngeräusch-)Immissionen aus Nachbarwohnungen - zur Anwendung gelangt. Diesbezüglich entspricht es gefestigter und allgemein anerkannter Rechtsprechung des Senats, dass in einem Mehrfamilienhaus gelegentlich auftretende (Wohnlärm-)Beeinträchtigungen grundsätzlich als sozial adäquat hinzunehmen sind und deshalb für die betroffenen Mitmieter noch nicht ohne Weiteres einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 BGB begründen (vgl. etwa Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 11; Senatsbe- schlüsse vom 21. Februar 2017 - VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 12; vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, NJW-RR 2017, 1290 Rn. 13 f. mwN; vom 22. Juni 2021 - VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 32 ff.; vgl. auch Senatsurteil vom 10. April 2013 - VIII ZR 213/12, NJW 2013, 1806 Rn. 16). Dabei bestimmt sich nach den jeweiligen Einzelfallumständen unter Berücksichtigung namentlich von Art, Qualität, Dauer, Zeit, Ursache und Vermeidbarkeit der hervorgerufenen Geräuschimmission, ob diese - gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung öffentlich-rechtlicher Lärmschutzbedingungen - im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Belange der Mietvertragsparteien als sozial adäquat einzustufen ist (siehe Senatsbeschluss vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, aaO Rn. 13 f. mwN).

Damit sind letztlich Wertungsgesichtspunkte maßgebend, die gleichermaßen bei der Anwendung der Vorschrift des § 906 BGB - mit den Merkmalen der wesentlichen Beeinträchtigung, der ortsüblichen Benutzung und der Zumutbarkeit von Abhilfemaßnahmen - prägend sind. Die Frage, ob Geräuschimmissionen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB wesentlich sind, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, wobei die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Geräuschbelästigung immer nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden kann (siehe etwa BGH, Urteile vom 13. Dezember 2019 - V ZR 152/18, NZM 2020, 811 Rn. 34; vom 27. November 2020 - V ZR 121/19, NZM 2021, 321 Rn. 10; vom 26. Oktober 2018 - V ZR 143/17, NJW 2019, 773 Rn. 10; jeweils mwN). Dabei kann im Fall von Geräuschimmissionen aus dem häuslichen Bereich im Rahmen des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gerade auch die Sozialadäquanz der störenden Tätigkeit zu berücksichtigen sein, um einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen In- teressen herbeizuführen (siehe BGH, Urteil vom 26.Oktober 2018 -VZR 143/17, aaO Rn. 14; Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 293 f.; MünchKommBGB/Brückner, 8. Aufl., § 906 Rn. 68).

(3) Mithin handelt es sich bei den vom Senat im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung herangezogenen Wertungen des § 906 BGB und dem im Wohnraummietrecht bezüglich Wohnlärms anerkannten Merkmal der Sozialadäquanz nicht um grundsätzlich unterschiedliche Maßstäbe, sondern beide sind vielmehr Ausdruck dessen, was nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben im Rahmen einer verständigen Interessenbewertung hinzunehmen ist. Dies übersieht das Berufungs- gericht, wenn es darauf abstellt, dass § 906 BGB nur für das Verhältnis der benachbarten Grundstückseigentümer Geltung beanspruchen könne. Denn der Senat bringt diese Vorschrift in der vorliegenden Fallgestaltung nicht unmittelbar zur Anwendung. Vielmehr gelangt er bei von einem benachbarten Grundstück her- rührenden Immissionen durch die von ihm vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung des § 906 BGB zu einem an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben orientierten, die beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien angemessen berücksichtigenden Ausgleich, indem er den Mieter bei Fehlen entsprechender Abreden an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks und der aus der Nachbarschaft stammenden Einwirkungen einschließlich der damit verbundenen Veränderungsrisiken jedenfalls in einem Umfang teilnehmen lässt, den der an § 906 BGB gebundene Vermieter ebenfalls nicht beeinflussen kann.

bb) Diese Rechtsprechung des Senats steht - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - auch nicht im Widerspruch zu dem Urteil des XII. Zivilsenats vom 23. April 2008 (XII ZR 62/06, BGHZ 176, 191; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. März 2008 - XII ZR 147/05, NJW 2008, 2254), nach dem eine von dem Vermieter in einem Gewerberaummietvertrag verwendete formularmäßige Klausel, wonach eine Mietminderung ausgeschlossen ist, wenn die Nutzung durch vom Vermieter nicht zu vertretene Umstände (wie Bauarbeiten in der Nachbarschaft) beeinträchtigt wird, den Mieter unangemessen benachteiligt und deshalb gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (BGH, Urteil vom 23. April 2008 - XII ZR 62/06, aaO Rn. 20 ff.). Mit dieser Argumentation hat sich der Senat bereits ausführlich in seinem Urteil vom 29. April 2020 auseinandergesetzt und darauf abgestellt, dass ein Widerspruch zu der vorgenannten Entscheidung nicht besteht, weil es bei der betreffenden Senatsrechtsprechung weder um Allgemeine Geschäftsbedingungen noch um die Frage geht, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Vorliegen eines Mangels eine Mietminderung ausgeschlossen werden kann, sondern vielmehr um die dem vorgelagerte Frage, ob überhaupt ein Mangel der Mietsache gegeben ist (VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 31 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen; dies gilt auch, soweit in den Entscheidungen des XII. Zivilsenats - indes unter einem anderen Gesichtspunkt als vorliegend - die Vorschrift des § 906 BGB angesprochen ist (siehe hierzu Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 36).

cc) Die Frage, ob - wie das Berufungsgericht (unter Bezugnahme auf LG Berlin, WuM 2018, 25) zusätzlich ausgeführt hat - eine ergänzende Vertragsauslegung jedenfalls dann nicht zum Ausschluss eines zur Minderung berechtigenden Mangels führen könne, wenn der Vermieter dem Mieter bei Abschluss des Mietvertrags ihm bekannte Umstände (arglistig) verschwiegen habe, die in absehbarer Zukunft einen erheblichen Anstieg der Immissionen befürchten ließen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Denn Anhaltspunkte für einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht weder festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich; auch die Revisionserwiderung zeigt übergangenen Sachvortrag insoweit nicht auf. Vielmehr haben die Beklagte und die Streithelferin in erster Instanz lediglich vorgetragen, die Kläger hätten ihrerseits bei Anmietung der Wohnung in innerstädtischer Lage mit einer weitergehenden Bebauung des Nachbargrundstücks rechnen müssen, weil spätestens seit 2010 die Frage einer für den Bezirk und/oder den Kleingartenverein ruinösen Entschädigungszahlung aufgekommen sei, wenn dem Investor ein Recht zum Bauen versagt werde, was auch Gegenstand umfangreicher Presseberichterstattung gewesen sei. Hieraus folgt aber nicht, dass die Beklagte - wie die Revisionserwiderung ihren Erörterungen aber teilweise zu Unrecht zugrunde legt - bereits bei Vertragsabschluss (rund sechs Jahre vor Beginn der betreffenden Bauarbeiten) 'konkrete Kenntnis von künftig zu erwartenden Beeinträchtigungen' hatte, über welche sie die Kläger nicht unterrichtete. Dergleichen wurde auch von den Klägern bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht behauptet.

d) Ausgehend von der Nichtbeachtung der Grundsätze der einschlägigen Senatsrechtsprechung und der daraus resultierenden rechtsfehlerhaften Annahme, die Freiheit der Wohnung von Baulärm sei auch vorliegend Gegenstand einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung geworden, hat das Berufungsgericht bislang nicht die erforderlichen Feststellungen dazu getroffen, ob und insbesondere in welchem Umfang im Streitfall die von den Klägern behaupteten Geräusch- und Schmutzimmissionen vorgelegen haben und ob hierdurch eine mehr als nur unerhebliche Minderung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch eingetreten ist (§ 536 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB). Diese Feststellungen wird es nunmehr nachholen müssen, da der Vortrag der Kläger zu den von der Baustelle auf die von ihnen gemietete Wohnung einwirkenden Immissionen zwischen den Parteien nicht unstreitig ist. Das Berufungsgericht hätte sich deshalb nicht mit der nicht näher begründeten Annahme begnügen dürfen, 'angesichts der typischerweise mit den durch eine Großbaustelle der hier unstreitigen Qualität verbundenen Lärm- und Schmutzimmissionen' sei eine Mietminderung von 15 % angemessen.

"Demzufolge hat zunächst der Mieter ... zu beweisen, dass die von ihm angemietete Wohnung Immissionen der vorbezeichneten Art ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen, und dass es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung ... handelt"

aa) Dabei richtet sich die Darlegungs- und Beweislast, wenn ein Mieter einen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung in Gestalt von Geräusch- und Schmutzimmissionen von einem benachbarten Grundstück geltend macht, nicht nach den im Bereich des § 906 BGB bestehenden Regelungen, sondern nach den Grundsätzen des Wohnraummietrechts und insbesondere nach der dort grundsätzlich geltenden Verteilung nach Verantwortungsbereichen. Demzufolge hat zunächst der Mieter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass die von ihm angemietete Wohnung Immissionen der vorbezeichneten Art ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen, und dass es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt (zum Ganzen ausführlich Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 64 ff., 74 mwN).

Die Darlegungs- und Beweislast des Mieters geht hierbei wiederum nicht über dasjenige hinaus, was er im Fall einer - nicht als sozial adäquat hinzunehmenden - Lärmbeeinträchtigung aus einer Nachbarwohnung darlegen und beweisen müsste (Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 82; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 21. Februar 2017 - VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 11 ff.; vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, NJW-RR 2017, 1290 Rn. 17 f.). Insbesondere muss der Mieter auch bei den im vorliegenden Fall geltend gemachten wiederkehrenden Beeinträchtigungen in Gestalt von Baustellenimmissionen weder ein 'Lärmprotokoll' noch das Ergebnis einer Messung des von den Bauarbeiten ausgehenden Schalldruckpegels in Dezibel (dB) vorlegen und dazu entsprechenden Vortrag halten. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. August 2017 - VIII ZR 226/16, aaO Rn. 18; vom 22. Juni 2021 - VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 35 f.).

Zudem muss diese Beschreibung in Fällen wie dem vorliegenden darauf schließen lassen, dass es sich bei den geltend gemachten Immissionen um - was grundsätzlich im Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich des Mieters liegt - wesentliche Beeinträchtigungen im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt (Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 81, 84 mwN). Hierbei wird es im Fall von Geräusch- und Schmutzimmissionen aufgrund eines benachbarten Neubaus für die Darlegung eines Sachmangels in der Regel ausreichend sein, wenn die gemäß den vorstehend genannten Grundsätzen erfolgende Beschreibung der Beeinträchtigungen nach den für ein solches Vorhaben üblichen Bauphasen (etwa bezüglich der Phase der Abriss- und/oder Grundarbeiten sowie der Phase der Hochbauarbeiten) gestaffelt erfolgt (Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 85).

bb) Von den auf dieser Grundlage zu treffenden notwendigen Feststellungen hätte das Berufungsgericht vorliegend nicht mit der Begründung absehen dürfen, dass bei einem Bauvorhaben des hier gegebenen Ausmaßes 'ohne weiteres' von einer die Minderung der Miete rechtfertigenden erheblichen Verschlechterung des Immissionsniveaus auszugehen sei, beziehungsweise dass angesichts der 'typischerweise' mit den durch eine derartige Großbaustelle verbundenen Lärm- und Schmutzimmissionen eine Mietminderung in Höhe von 15 % angemessen sei. Unklar bleibt bereits, von welchen typischen Baustellenimissionen das Berufungsgericht ausgeht und inwiefern diese, bezogen auf die konkrete Wohnung und das zugehörige Wohnumfeld, zu Immissionen geführt haben sollen, die - für den Fall, dass die Beklagte diese gemäß den Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats hätte abwenden können - eine entsprechende Mietminderung der Kläger rechtfertigen könnten. Ein diesbezüglicher Erfahrungssatz lässt sich mit der Argumentation des Berufungsgerichts nicht aufstellen, erscheint aber auch sonst fernliegend. Unabhängig davon, ob es die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte 'typische Großbaustelle' überhaupt gibt, ist die Frage nach der Art und dem Umfang von Immissionen wegen deren Objektbezogenheit regelmäßig anhand des konkreten Einzelfalls zu beantworten (so bereits Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 62).

cc) Vorliegend haben die Kläger unter anderem vorgetragen, dass seit September 2017 auf der betreffenden Baustelle jeweils montags bis freitags von 7 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 16.30 Uhr Lkw, Bagger und Kräne einen derart großen Lärm verursacht hätten, dass trotz geschlossener Fenster eine Unterhaltung in der Mehrzahl der Zimmer der von ihnen gemieteten Wohnung ausgeschlossen und die Verrichtung von Arbeiten oder eine Entspannung kaum noch möglich gewesen seien. Aufgrund der starken Staubentwicklung hätten tagsüber zudem aus gesundheitlichen Gründen die Fenster nicht mehr geöffnet werden können und sei ihr üblicherweise vor der Tür geparktes Auto täglich verschmutzt worden. Damit haben die Kläger zunächst hinreichend zu einem zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Wohnung in Gestalt von Geräusch- und Schmutzimmissionen vorgetragen, auch wenn ihnen das Berufungsgericht im Rahmen seiner erneuten Befassung nunmehr unter Beachtung der einschlä- gigen Rechtsprechung des Senats zunächst Gelegenheit zu geben haben wird, ihr Vorbringen entsprechend den zwischenzeitlich im Urteil vom 29. April 2020 (VIII ZR 31/18, aaO Rn. 83 ff.) aufgezeigten Maßstäben noch weiter zu präzisieren.

Da die Beklagte und die Streithelferin, worauf auch die Revision zutreffend hinweist, ein solches Ausmaß der von der Baustelle herrührenden Immissionen ausdrücklich bestritten und vielmehr behauptet haben, die Kläger hätten die von ihnen angemieteten Räume uneingeschränkt nutzen können, weil bei den Bauarbeiten alle einschlägigen Vorschriften und insbesondere die der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen - vom 19. August 1970 (Beil. zum BAnz Nr. 160 vom 1. September 1970; nachfolgend: AVV Baulärm) - die im Rahmen von § 906 Abs. 1 Satz 3 BGB jedenfalls als Orientierungshilfe heranzuziehen ist (siehe hierzu BeckOGK-BGB/Klimke, Stand: 1. Juni 2021, § 906 Rn. 231.1; BVerwG, NVwZ 2012, 1393 Rn. 26 [zu § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 66 Abs. 2 BImSchG]) - eingehalten worden seien, sind insoweit durch das Tatgericht nunmehr die von den Klägern für das Vorliegen des von ihnen behaupteten Mangels angebotenen Beweise - Zeugenvernehmungen sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu erheben.

dd) Sollte den Klägern dieser Beweis gelingen, wird das Berufungsgericht sodann zu prüfen haben, ob die Beklagte von der Baustelle herrührende Immissionen ihrerseits ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten nach § 906 BGB gegen die Streithelferin als deren Verursacherin hinnehmen musste.

Dabei wird es zu beachten haben, dass der Vermieter, der sich gegenüber dem Wohnungsmieter darauf beruft, Ansprüche gegen den Verursacher nicht zu haben, diejenigen, dem Verhältnis zwischen ihm und dem Verursacher - und damit dem Verantwortungsbereich des Vermieters - entstammenden Tatsachen, seien sie personen- oder grundstücksbezogen, vorzubringen und im Falle des Bestreitens zu beweisen hat, die in Anbetracht des bis dahin festgestellten Sachverhalts dazu führen, dass weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche bestehen (Senatsurteil vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, aaO Rn. 91).

Bislang hat das Berufungsgericht das Bestehen von Ansprüchen der Beklagten nach § 906 BGB allein mit der - insoweit unzureichenden - Begründung verneint, auf Grundlage des klägerischen Vortrags sei ein Überschreiten der Vorgaben der AVV Baulärm, welche für Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht seien, einen Immissionsrichtwert tagsüber von 55 dB (A) vorsehe, 'nicht erkennbar', zumal die Kläger auch nicht vorgetragen hätten, dass die Streithelferin besonders rücksichtslos vorgehe, indem sie die in der AVV Baulärm für einzelne Baumaßnahmen und -maschinen empfohlenen Schutzmaßnahmen missachte. Diesbezüglich wird es, sofern und soweit den Klägern der Nachweis wesentlicher Immissionen aufgrund der Baustelle gelingen sollte, vielmehr darauf ankommen, ob die Beklagte in diesem Fall ihrerseits darlegen und beweisen kann, inwieweit auf der von der Streithelferin betriebenen Baustelle die Vorgaben der AVV Baulärm nicht nur in zeitlicher - was zwischen den Parteien unstreitig ist -, sondern auch in sachlicher Hinsicht - was die Kläger mit ihren Schilderungen der auf die Wohnungen einwirkenden Immissionen hinreichend bestritten haben - eingehalten worden sind.

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif und daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Zusammenfassung:
Baulärm auf einem Nachbargrundstück begründet nur unter engen Voraussetzungen einen Anspruch auf Mietminderung. Eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung, dass sich die Umweltbedingungen nicht ändern, kann regelmäßig nicht angenommen werden.
Rechtsgebiete:
Mietrecht
Stichworte:
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