Finkenzeller

Nutzungsausfall nur nach Gutachten bei fiktiver Abrechnung

Verkehrsrecht Schadensrecht
27.11.2021
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AG Pfaffenhofen, Urteil vom 24.05.2018, Az. 2 C 766/17

Leitsätze

1. Bei fiktiver Abrechnung besteht Anspruch wegen Nutzungsausfall nur für die objektiv erforderliche Wiederherstellungsdauer.*

2. Die beim Fahrzeugerwerb tatsächlich angefallene Umsatzsteuer ist nicht ersatzfähig, wenn der Geschädigte die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung gewählt hat.*

Kanzleiauto

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 141,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21 .10.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Der Unfall ereignete sich auf der BAB A9 in Fahrtrichtung ... auf Höhe von .../Parkplatz ...

Die Haftung dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger macht nun an noch nicht regulierten Beträgen geltend:

Nutzungsausfall400,00 €
restlichen Wiederbeschaffungswert (MwSt)500,00 €
restliche Mietwagenkosten70,04 €
restliche Abschleppkosten41,65 €
insgesamt1.011,69 €

Der Kläger macht zunächst Nutzungsausfall geltend für 29 Tage bis zur Übergabe des Ersatzfahrzeugs am 19.07.2017, mit täglich 50,00 €. Der Kläger trägt (insoweit unbestritten) vor, dass das Fahrzeug nicht fahrtüchtig war, gutachterlich eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen ermittelt wurde, das Gutachten am 26.06.17 erstellt wurde und dem Kläger am 28.06.17 zuging. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das als Anlage K 1 vorgelegte Gutachten Bezug genommen.

Der Kläger trägt vor er habe zum Preis von 22.000,00 € ein Ersatzfahrzeug am 27.06. erworben, das aber erst am 19.07. habe geliefert werden können. Der Kläger trägt (unbestritten) Nutzungswillen und Nutzungsmöglichkeit vor. Der Kläger habe bereits 6 Tage nach dem Unfall ein vergleichbares Fahrzeug bestellt und er meint, die geringfügige Überschreitung der Wiederbeschaffungsdauer sei ihm nicht anzulasten. Die Überlegungsfrist für den Kläger habe am 01.07.17 geendet. Dass ein vergleichbares Fahrzeug nicht früher verfügbar gewesen sei, unterfalle ,dem Schädigerrisiko.

Weiter macht der Kläger restlichen Wiederbeschaffungswert geltend, und macht geltend, dass sein Fahrzeug einen Wiederbeschaffungswert von 22.500,00 ê brutto inklusive der Differenzsteuer von 500,00 € gehabt habe. Er habe ein Ersatzfahrzeug für 22.000,00 € inklusive 19 % Mehrwertsteuer angeschafft, auf Anlage K2 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Der Kläger meint, ihm stehe noch die in Abzug gebrachte Differenzsteuer zu, er habe bei der Ersatzanschaffung 3.512,61 € an Mehrwertsteuer bezahlt. Bei einem Bruttowiederbeschaffungswert von 22.500 € und Bruttorestwert 10.200 € stünden dem Kläger 12.300 € Bruttowiederbeschaffungsaufwand zu.

Die Beklagte regulierte unstreitig vorgerichtlich den Netto-Wiederbeschaffungswert mit 22.000,00 € (Zahlung 11.800 €), der Kläger macht den Mehrwertsteueranteil von 500,00 € geltend.

Weiter mietete der Kläger einen Mietwagen für die Fahrt vom Unfallort zu seinem Wohnort. Von den hierfür geltend gemachten Kosten von 238,29 € wurden vorgerichtlich 168,25 € gezahlt.

Weiter macht der Kläger Abschleppkosten geltend in Höhe von insgesamt 720,55 €, hierauf wurden 678,90 E bezahlt. Er meint, der vorgerichtliche Einwand, Abmeldekosten von 41 ,65 € seien schon gezahlt, sei unzutreffend, die Beklagte habe lediglich Anmeldegebühren für das Ersatzfahrzeug bezahlt. Zuletzt trägt der Kläger vor, auch die Treibstoffkosten für die Rückfahrt nach Paderborn seien ihm zu erstatten, da er sein Unfallfahrzeug kurz vor dem Unfall voll getankt gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.011,69 € zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Die Beklagte macht geltend, zuzüglich einer Überlegungs- und Bestellzeit von 6 Tagen ergebe sich ein erforderlicher Wiederbeschaffungszeitraum von 20 Tagen, hiervon habe der Kläger für einen Tag Mietwagen kosten ersetzt erhalten, so dass sich ein Anspruch auf Nutzungsausfall für 19 Tage ergebe. Die vorgerichtliche Regulierung mit 21 Tagen sei überobligatorisch. Die Anschaffung eines gleichwertigen bzw. vergleichbaren Fahrzeugs wird bestritten, das Unfallfahrzeug sei ein Gebrauchtfahrzeug mit Erstzulassung 2015 und 20 000 km Laufleistung gewesen, vorgelegt werde eine Bestellung über ein neuwertiges Fahrzeug mit Erstzulassung April 2017 und unbekannter Laufleistung. Wenn der Geschädigte ein neuwertigeres Fahrzeug erwerbe, gingen die damit verbunden Verzögerungen nicht zu Lasten des Schädigers. Auch die tatsächliche Anschaffung des Ersatzfahrzeugs sei nicht nachgewiesen, zuletzt wird insoweit nur noch geltend gemacht, aus den Anmeldebelegen ergebe sich Typ und Art des Ersatzfahrzeugs nicht. Zuletzt macht die Beklagte weiter geltend, im Hinblick auf die Bestellung des Klägers sei der Überlegungszeitraum bereits am 27.6. abgeschlossen gewesen, es ergebe sich ein Zeitraum bis maximal 11.07.2017, abzüglich 1 Tag Mietdauer ergebe sich maximal ein erforderlicher Nutzungsausfall von 18 Tagen.

Weiter macht die Beklagte geltend, es liege wirtschaftlicher Totalschaden vor. Die erforderlichen Reparaturkosten betrügen 22.740,08 €, der Restwert des Kläger-PKW habe 10.200,00 € betragen, eine Reparatur sei nicht erfolgt. Der Kaufpreis des Ersatzfahrzeugs habe brutto 21.155,00 € betragen, die Überführungskosten von 845,00 € brutto seien nicht Kaufpreis sondern Nebenkosten. Die Erstattung angefallener Umsatzsteuer hänge davon ab, ob eine fiktive oder konkrete Abrechnung des Schadensfalles vorgenommen werde, wenn der Geschädigte die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung wähle, sei die Umsatzsteuer nicht ersatzfähig. An dieser Art der Schadensabrechnung müsse er sich jedenfalls festhalten lassen, wenn wie hier die konkreten Kosten den ihm fiktiv zustehenden Betrag nicht übersteigen würden. Dem Kläger stünden daher auf Basis seines Vortrags bei fiktiver Abrechnung maximal 11.800,00 € zu, aus konkreter Abrechnung auch unter Außerachtlassung der Frage der Überführungskosten maximal brutto 22.000,00 € abzüglich 10.200,00 € ebenfalls 11.800,00 €. Ein Anspruch wegen der Mehrtwertsteuer ergebe sich nur, wenn die Ansprüche bei konkreter Abrechnung diejenigen bei fiktiver Abrechnung überstiegen. Mietwagenkosten seien lediglich in Höhe von 168,25 € brutto angefallen. Die Differenz von 70,04 € brutto ergebe sich aus Treibstoffkosten, welche jedoch als Sowieso-Kosten anzusehen seien; zunächst wurde vorgetragen, die im Unfallfahrzeug verbliebene Tankmenge sei bereits zusätzlich ersetzt worden, zuletzt macht die Beklagte geltend, der Treibstoff sei im Restwert eingepreist. Zuletzt wird der entgangene Treibstoff bestritten.

Der Kläger repliziert, im Umkreis von 200 km zu seinem Wohnort sei das letztlich bestellte Fahrzeug das einzig verfügbare Fahrzeug vergleichbarer Art und Güte gewesen, er habe nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Eine Kombination zwischen fiktiver und konkreter Schadensabrechnung sei in diesem Fall selbstverständlich möglich. Der Kläger habe inklusive Nebenkosten unstreitig 22.500,00 € brutto ausgegeben, der Wiederbeschaffungswert habe lediglich 22.000,00 € betragen.

Die Treibstoffkosten seien ebenfalls zu ersetzen, da Unfallfahrzeug sei kurz vor dem Unfall vollgetankt worden.

Die Parteien haben zuletzt einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt. Als dem Schluss der mündlichen Verhandlung entsprechender Zeitpunkt, bis zu der Schriftsätze eingereicht werden konnten, wurde der 07.05.18 bestimmt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Parteivorbringens wird ergänzend auf den Inhalt der Akten, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Der Kläger hat nur im tenorierten Umfang Anspruch auf Ersatz des weiteren geltend gemachten Schadens aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen, für deren Folgen die Beklagte dem Grunde nach unstreitig einstandspflichtig ist.

1.

weiterer Nutzungsausfall:

Der vom Kläger geltend gemachte Nutzungsausfall war dem Grunde nach und auch im Hinblick auf die Höhe des Tagessatzes zwischen den Parteien nicht streitig, streitig war allein die zu ersetzende Dauer.

Anspruch auf Ersatz des Nutzungsentzugs besteht für die erforderliche Ausfallzeit, mithin die notwendige Reparatur bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für Schadensfeststellung und angemessene Überlegung. Dabei besteht bei fiktiver Abrechnung Anspruch wegen Nutzungsausfall nur für die objektiv erforderliche Wiederherstellungsdauer (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, 25. Aufl., § 249 Rd.-Nr. 195 f., nach beck-online). Das Gutachten ging dem Kläger unbestritten am 28.06.2017 zu.

"Rechnet der Geschädigte seinen Schaden fiktiv ab, kommt es maßgeblich auf die objektiv erforderliche Dauer an, konkret eingetretene Verzögerungen bleiben demgegenüber außer Betracht. Die fiktive Abrechnung ermöglicht dem Geschädigten, seinen Schaden unabhängig von der Verwendung des zu leistenden Schadenersatzes und unabhängig von einer tatsächlichen Wiederherstellung in Natur abzurechnen. Dem Geschädigten ist jedoch keine dritte Abrechnungsweise eröffnet, bei der er durch Kombination von konkreter und fiktiver Abrechnung in noch weitergehendem Umfang Ersatz verlangen könnte als nach der gewählten fiktiven Abrechnung (Verbot der Kombination von fiktiver und konkreter Abrechnung)."

Rechnet der Geschädigte seinen Schaden fiktiv ab, kommt es maßgeblich auf die objektiv erforderliche Dauer an, konkret eingetretene Verzögerungen bleiben demgegenüber außer Betracht. Die fiktive Abrechnung ermöglicht dem Geschädigten, seinen Schaden unabhängig von der Verwendung des zu leistenden Schadenersatzes und unabhängig von einer tatsächlichen Wiederherstellung in Natur abzurechnen. Dem Geschädigten ist jedoch keine dritte Abrechnungsweise eröffnet, bei der er durch Kombination von konkreter und fiktiver Abrechnung in noch weitergehendem Umfang Ersatz verlangen könnte als nach der gewählten fiktiven Abrechnung (Verbot der Kombination von fiktiver und konkreter Abrechnung). Die Abrechnung auf Gutachten-Basis ermöglicht auch die Anschaffung beispielsweise eines Neuwagens anstelle eines Gebrauchtwagens, die Auswahl eines anderen Fahrzeugmodells und überdies auch die Abrechnung eines den Kaufpreis der Ersatzbeschaffung übersteigenden Wiederbeschaffungswertes. Diese Vorzüge der fiktiven Abrechnung kann der Geschädigte nicht mit einer höheren Nutzungsausfallentschädigung wegen tatsächlich eingetretener Verzögerungen kombinieren (LG Saarbrücken, Urteil vom 15.05.2015, 13 S 12/15, NJW-RR 2015, 1437, 1438).

So liegt der Fall auch hier, der Kläger rechnet fiktiv ab und begehrt ausdrücklich auch im Hinblick auf die Kosten der Wiederbeschaffung einen letztlich über den tatsächlich gezahlten Kaufpreis von brutto 22.000,00 € (Anlage K 2) hinausgehenden Betrag, da er insgesamt 22.500,00 € auf Basis des Gutachtens erstattet verlangt. Der Kläger beschränkt sich also im Hinblick auf die Kosten der konkreten Ersatzbeschaffung nicht auf den tatsächlich aufgewandten Nettopreis zuzüglich tatsächlich angefallener Nebenkosten und tatsächlich angefallener Mehrwertsteuer, in der Summe 22.000,00 €, sondern rechnet auf Basis des gutachterlich geschätzten Wiederbeschaffungsaufwandes und der hieraus errechneten Differenzsteuer ab. Dann kann er aber nicht (gleichsam im Wege der 'Rosinentheorie') im Hinblick auf den Nutzungsausfall auf Verzögerungen bei der Beschaffung des ganz konkreten Fahrzeugs abstellen. Es ist vielmehr vorliegend darauf abzustellen, welche Wiederbeschaffungsdauer 'erforderlich' war. Unberücksichtigt zu bleiben hat daher, dass, wie der Kläger vorträgt, der Vertragshändler kein vergleichbares Fahrzeug konkret zu einem früherenZeitpunkt habe liefern können (unabhängig vom Bestreiten der Gegenseite).

Als 'objektiv erforderliche Dauer' ist auf Grundlage des letzten Sachstandes, insbesondere unter Berücksichtigung des nunmehriger Bestreitens auch der Überlegungsfrist usw., von folgendem auszugehen:

Zum einen waren - objektiv - für die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges 14 Kalendertage notwendig, dies ergibt sich aus dem unbestrittenen klägerischen Vortrag im Rahmen des vorgelegten Schadensgutachtens. Hinzukommt der notwendige Zeitraum für die Schadensermittlung und Überlegung. Insoweit geht das Gericht im Wege der Schätzung gem. §287 ZPO davon aus, dass für die Beauftragung eines Gutachters und Besichtigung des Fahrzeugs erfahrungsgemäß 2 Tage geschätzt werden können, hier demnach bis 23.6. Für die Erstellung des Gutachtens können 2 bis 3 Tage angesetzt werden (vgl. auch LG Saarbrücken a.a.O.), vorliegend erscheint daher eine Zeit bis 28.06. angemessen (da dazwischen ein Wochenende lag). Zuzüglich eines Tages für den Versand/Zugang sowie eines Tages Überlegungszeit ergibt sich eine Zeit bis 30.06.17. Mit weiteren 14 Kalendertagen Wiederbeschaffungszeitraum ist daher auf Freitag, den 14.07. abzustellen. Die weitere konkrete Verzögerung ist nach obigen Ausführungen nicht gesondert zu erstatten. Umgekehrt kann aber nach Ansicht des Gerichts auch nicht - gleichsam wiederum als Rosinentheorie, nun zugunsten der Beklagten - hier wiederum eine frühere tatsächliche Bestellung zu berücksichtigen sein, da im Rahmen der fiktiven Abrechnung eben gerade auf die obektiv erforderliche Dauer abzustellen ist. Anders wäre dies zwar zu beurteilen, wenn ein tatsächlicher Ersatz schon früher vorhanden gewesen wäre, da es dann am Ausfall dem Grund nach für die Zeit danach fehlen würde; Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Es ergeben sich daher insgesamt 24 Kalendertage. Unstreitig hatte der Kläger allerdings auch für einen Tag bereits Mietwagenkosten ersetzt erhalten, so dass für diesen einen Tag nicht zusätzlich noch Nutzungsausfall geltend gemacht werden kann. Dem Kläger ist daher Nutzungsausfall für die Dauer von 23 Tagen zu erstatten, bei einem unstreitigen Tagessatz von 50,00 € ergeben sich daher 1.150,00 €, abzüglich der geleisteten Zahlung von 1.050,00 € verbleibt noch ein Anspruch von weiteren 100,00 €.

2.

Ersatzbeschaffung/Mehrwertsteuer

Hinsichtlich des Wiederbeschaffungsaufwands ist - da der Kläger aktiv abrechnet - ein Anspruch hinsichtlich der Mehrwertsteuer gesondert grds. nicht gegeben.

Der BGH (NJW 2017, 1310, 1311, Rz. 17 f.) führt zu dieser Fallgestaltung aus: 'Unabhängig hiervon ist die beim Fahrzeugerwerb vom 16.1.2014 tatsächlich angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig, weil der Kl. die für ihn günstigere Möglichkeit einer aktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage des Sachverständigengufachtens gewählt hat. An dieser Art der Schadensabrechnung muss er sich jedenfalls dann festhalten lassen, wenn - wie hier - die konkreten Kosten der Ersatzbeschaffung unter Einbeziehung der geltend gemachten Nebenkosten den ihm aufgrund der aktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag nicht übersteigen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (....)[18] Überstiegen - wie hier nicht - die konkreten Kosten der nachträglich vorgenommenen Ersatzbeschaffung einschließlich der Nebenkosten wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag, bliebe es dem Geschädigten - im Rahmen der rechtlichen Voraussetzunggen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung - im Übrigen unbenommen, zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der Ersatzbeschaffung überzugehen (...)'.

Vorliegend erscheint auch das Vorbringen des Klägers (Schriftsatz 22.12.17), er habe 'unstreitig' 22.500 € brutto ausgegeben, nicht nachvollziehbar im Hinblick darauf, dass er selbst nur einen tatsächlichen Aufwand von 22.000 € (siehe auch Anlage K2, einschließlich Mehrwertsteuer und Nebenkosten, soweit er diese nicht ohnehin gesondert geltend macht) vorträgt. Der Kläger hat insoweit - auch auf gerichtlichen Hinweis wegen der o.g. Rechtsprechung - nicht nachgewiesen, dass er tatsächlich einen den Betrag von (brutto) 22.000 € übersteigenden Aufwand erbracht hätte, rechnet aber vor allem auch nicht den tatsächlichen Aufwand, sondern fiktiv ab.

Der Kläger muss sich vielmehr an seiner fiktiven Abrechnung festhalten lassen bzw. hält auch selbst weiterhin hieran fest. Somit ist von einem (fiktiven) Wiederbeschaffungsaufwand von 22.000 € netto abzüglich Restwert von 10.200 € brutto auszugehen. Der abzuziehende Restwert, wie von der Beklagten geltend gemacht, blieb letztlich unstreitig, überdies ist der Beklagten insoweit zuzustimmen, als es für die Frage, ob insoweit ein Steueranteil abzuziehen ist, wohl auch nach der Ansicht des BGH auf eine (vorliegend nicht gegebene) Vorsteuerabzugsberechtigung ankommt (vgl. BGH a.a.O. Rdnr. 15). Es ergibt sich somit ein Betrag von 11.800 €.

Auch bei konkreter Abrechnung ergäbe sich aber im Übrigen vorliegend kein höherer Aufwand: Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen, soweit er es belegt hat, tatsächlich nur 22.000 € brutto aufgewandt, der Restwert ist wie ausgeführt unstreitig. Auch danach ergibt sich somit ein Betrag von 11.800 €. Dass der Kläger nach dem Gutachten einen Betrag von brutto 22.500 € hätte ausgeben 'dürfen', ändert nichts daran, dass er diesen Betrag nach seinem eigenen Vorbringen tatsächlich nicht ausgegeben hat bzw. dies - soweit er unsubstantiiert eine entsprechende Behauptung äußerte - dies nicht dargelegt oder belegt hat.

Wenn jedoch der von ihm tatsächlich erbrachte Aufwand nicht das übersteigt, was er bei fiktiver Abrechnung ersetzt erhält, ist schon von daher kein weiterer Anspruch ersichtlich.

3.

restliche Mietwagenkosten

Ein Anspruch auf weitere Mietwagenkosten steht dem Kläger nicht zu.

Es blieb unbestritten, dass die nicht bezahlte Differenz die Treibstoffkosten, insbesondere für die Rückfahrt nach Paderborn, betrifft, dies deckt sich mit der als Anlage K4 vorgelegten Rechnung, die als Treibstoffkosten 58,86 € ausweist, was 70,04 € brutto entspricht. Diese Kosten sind aber von der Beklagten nicht zu ersetzen, es ist nicht ersichtlich, dass diese gerade auf den Unfall zurückzuführen wären und ohne den Unfall nicht aufzuwenden gewesen wären. Derartiges hat der Kläger auch auf Hinweis nicht dargelegt. Der entgangene Treibstoff aus dem Unfallfahrzeug ist ausweislich Anlage K3 aber bereits in der ersten Abrechnung der Beklagten enthalten. Der Kläger hat insoweit daher nicht dargelegt, dass ihm ein unfallkausaler Vermögensnachteil entstanden wäre. Ob er den Treibstoffkosten mit seinem (nun beschädigten) Fahrzeug verbraucht hätte oder mit dem Mietwagen verbraucht, macht für sein Vermögen grds. keinen Unterschied, dass er gerade wegen des Unfalls hier etwa Mehrkosten (etwa zusätzliche Strecken) aufgewandt hätte, ist nicht dargetan.

4.

restliche Abschleppkosten

Die restlichen Abschleppkosten wurden im Rechtsstreit nicht in Abrede gestellt und sind daher unstreitig, so dass der Kläger insoweit noch weitere 41,65 € verlangen kann.

5.

Die Zinsansprüche, soweit die Hauptforderung begründet war, beruhen auf §§ 286, 288 I, 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11 ZPO.

[Rechtsbehelfsbelehrung]

[Rechtskräftig, Berufung wurde durch Beschl. gem. § 522 II ZPO zurückgewiesen.]

Zusammenfassung:
Rechnet der Geschädigte fiktiv ab, so steht ihm Nutzungsausfall nur für den nach Gutachten erforderlichen Reparaturzeitraum zu, konkrete Verzögerungen bleiben außer Betracht
Rechtsgebiete:
Verkehrsrecht Schadensrecht
Stichworte:
Gericht:
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