Verlangt der Geschädigte - wozu er berechtigt ist - die Erstattung seines Schadens auf Gutachtenbasis ohne einen tatsächlichen Aufwand nachzuweisen (beispielsweise durch Vorlage der Reparaturrechnung oder des Kaufvertrages für das neue Auto), dann beginnt oft der Streit um die Höhe. Während bei Vorlage einer Reparaturrechnung auf der Hand liegt wieviel der Geschädigte bezahlen musste - und der Schädiger das Werkstattrisiko trägt - wird es bei der Abrechnung auf Gutachtenbasis oft schwierig. Der Schädiger wird einwenden, dass diese oder jene Position bei einer tatsächlichen Reparatur nicht anfallen wird, der Geschädigte wird sich demgegenüber darauf berufen, dass ihm sein Sachverständiger bestätigt hat, dass gerade diese Kosten für die Reparatur erforderlich sind.
Eine fiktive Abrechnung ist bei Unfallschäden immer zulässig. Der Geschädigte muss seinen Schaden aber auch in diesem Fall nachweisen, etwa durch Vorlage eines Gutachtens oder eines Kostenvoranschlages einer Kfz-Fachwerkstatt.
Die Mehrwertsteuer wird bei fiktiver Abrechnung nur erstattet, soweit sie tatsächlich angefallen ist. Wird auf eine (Teil-)Reparatur oder Ersatzkauf völlig verzichtet, etwa weil das Fahrzeug unrepariert verkauft wird ohne Ersatz zu beschaffen, erhält der Geschädigte den Mehrwertsteueranteil nicht ersetzt.
Manchmal kommt es trotz Gutachten zum Streit über den für die Behebung der Schäden erforderlichen Reparaturweg. Und während der Geschädigte bei der tatsächlich durchgeführten Reparatur sich auf das sog. Werkstattrisiko berufen kann - und der Schädiger zur Not auch unnötige Arbeiten bezahlen muss, kommt es bei der fiktiven Abrechnung auf die objektive Erforderlichkeit an.
Nur den objektiv erforderlichen Reparaturweg muss der Schädiger ersetzen. Behauptet der also, dass die Beifahrertür durch den Unfall nicht beschädigt wurde und daher auch nicht zu ersetzen sei, dann hat der Geschädigte das zu beweisen, schlimmstenfalls durch gerichtliches Gutachten.
Muss im Zuge der Reparatur ein Bauteil neu lackiert werden, dann ist es nicht ungewöhnlich, dass der Sachverständige auch eine Lackierung angrenzender, nicht beschädigter Bauteile mit in sein Gutachten aufnimmt. In der Regel ist es nämlich so, dass bei modernen Autolacken der genaue Farbton der Werkslackierung in der Reparaturlackierung nicht absolut genau getroffen werden kann. Um zu verhindern, dass dieser Farbunterschied dann visuell wahrnehmbar ist, werden auch angrenzende Bauteile mitlackiert, um diesen Unterschied weniger auffällig zu machen.
Diese sog. Beilackierung ist ein häufiger Streitpunkt. Von Versichererseite wird nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass kompetente Lackierer es auch bei komplexen Werkslackierungen schaffen können, den richtigen Farbton zu finden und in der Reparaturlackierung aufzubringen. Demgegenüber steht aber die Tatsache, dass es je nach Lackart ebenso oft oder auch öfter, nicht gelingt, den neuen Lack exakt passend anzumischen.
Bei konkreter Abrechnung liegt die Sache einfach: Wurde eine Beilackierung durchgeführt, hat der Schädiger die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen. Bei der fiktiven Abrechnung ist aber offen, ob die Beilackierung durchgeführt werden müsste oder nicht. Ist sie also nun erforderlich, oder nicht? Die Gerichte behelfen sich in dieser Situation - nach Einholung eines Gutachtens - im Wesentlichen mit einer Prognoseentscheidung: Wäre eine Beilackierung im Reparaturfall jedenfalls überwiegend wahrscheinlich, dann ist sie auch bei fiktiver Abrechnung als erforderlich zu betrachten und zu erstatten.
Grundsätzlich sind die Stundenverrechnungssätze anzusetzen, die der Sachverständige im Gutachten verwendet hat, regelmäßig also die einer regionalen Markenwerkstatt. Der Schädiger kann jedoch eine Referenzwerkstatt mit niedrigeren Stundenverrechnungssätzen benennen. Diese Sätze werden dann für die Regulierung herangezogen. Voraussetzung ist, dass die Reparatur des Fahrzeugs in der benannten Werkstatt der Reparatur in einer Markenwerkstatt technisch gleichwertig wäre.
Dem Geschädigten muss die Reparatur in der nicht markengebundenen Werkstatt zudem zumutbar sein. Unzumutbar ist die Verweisung in jedem Fall, wenn der beschädigte Pkw weniger als drei Jahre alt ist. Ebenfalls unzumutbar ist die Verweisung, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug immer in einer Markenwerkstatt reparieren hat lassen. Die Referenzwerkstatt darf (in der Regel) auch nicht weiter als 20 Kilometer vom Wohnsitz des Geschädigten entfernt sein.
Viele Werkstätten verfügen mittlerweile nicht mehr über betriebsinterne Lackiereinrichtungen, sondern haben die Lackierungen an Drittfirmen ausgelagert. Für den Transport des Fahrzeugs zu diesem Lackierbetrieb fallen Verbringungskosten an, die in der Regel mit einer Arbeitsstunde angesetzt werden.
Gutachter nehmen daher bei Ortsüblichkeit auch diese Verbringungskosten in ihr Gutachten mit auf. Bei fiktiver Abrechnung wird die Position allerdings mit schöner Regelmäßigkeit herausgekürzt, meist jedoch zu Unrecht. Der Geschädigte hat nämlich auch bei fiktiver Abrechnung Anspruch auf Erstattung aller Kosten, die im Falle einer Reparatur anfallen würden. Das schließt Verbringungskosten ein, soweit sie ortsüblich sind. Nicht erstattet werden diese Kosten, wenn wirksam auf eine Referenzwerkstatt verwiesen wurde, die keine Verbringungskosten berechnen würde.
Die meisten Fachwerkstätten berechnen für Ersatzteile einen Aufschlag auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers zwischen 10 und 18 %. Hier gelten im Wesentlichen die selben Grundsätze wie zu Verbringungskosten: Die am regionalen Markt üblichen Aufschläge werden auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung ersetzt. Auch hier gilt die Ausnahme, dass eine Erstattung nicht erfolgt, falls der Versicherer wirksam auf eine Referenzwerkstatt verwiesen hat, die Privatkunden keine UPE-Aufschläge berechnet.
Dem Geschädigten ist es unbenommen, von einer zunächst fiktiven Abrechnung des Schadens auf eine konkrete Abrechnung zu wechseln. Zweckmäßigerweise wird man dies dem Versicherer ankündigen, wenn abzusehen ist, dass nach vorläufiger fiktiver Abrechnung dann nach konkretem Aufwand abgerechnet werden wird. Im Rahmen der Verjährung kann der Geschädigte jedoch grundsätzlich immer zur konkreten Abrechnung übergehen. Es dürfen dann allerdings nicht Elemente konkreter und fiktiver Abrechnung kombiniert werden.