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Ermittlung des Heizkostenverbrauchs bei Ölheizungen

Mietrecht
08.08.2023
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LG Stuttgart, Beschluss vom 03.07.2017, Az. 5 S 116/17

Leitsätze

1. Zum Nachweis der angefallenen Heizungsverbrauchskosten genügt es nicht, lediglich die Bezugsmenge während eines Abrechnungszeitraums anzugeben. Anfangs- und Endbestand sind rechnerisch ebenfalls zur Verbrauchserrechnung erforderlich. Diese können nicht fiktiv jeweils mit 'Null' angesetzt werden.

2. Raum für eine Schätzung der Verbrauchskosten nach § 287 Abs. 2 ZPO ist nur bei einer echten Beweisnot des Antragstellers, nicht aber, wenn dieser - unzutreffend - meint, durch die Angabe der Bezugsmengen bereits sämtliche erforderlichen Angaben gemacht zu haben.

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Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 06.04.2017, Az. 7 C 1992/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 06.04.2017, Az. 7 C 1992/16, durch welches seine Klage auf Leistung von Nebenkostennachzahlungen für den Abrechnungszeitraum 1.2.2014 bis 31.1.2015 abgewiesen wurde.

Das Amtsgericht hat die Klagabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger den behaupteten Verbrauch, der von den Beklagten bestritten worden sei, nicht unter Beweis gestellt habe.

Der Kläger macht mit der Berufung geltend, ein Beweisangebot für den bestrittenen Heizölverbrauch sei nicht erforderlich; der behauptete Verbrauch ergebe sich bereits aus den unstreitigen Öllieferungen im streitgegenständlichen Zeitraum.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Berufungsbegründung wird auf das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg sowie die Berufungsbegründung vom 12.06.2017 (Bl. 127 ff. d.A.) verwiesen.

II.

1.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angegriffene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO. Die weiteren für die Zurückweisung der Berufung im Beschlussverfahren erforderlichen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, auch weil dadurch dem Kläger weitere Kosten entstünden, ohne dass durch eine mündliche Verhandlung weitere, für den Kläger günstige entscheidungserhebliche Erkenntnisse zu erwarten wären.

Das Amtsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Nebenkostennachzahlungen aus § 556 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 5 Nr. 6 des Mietvertrags vom 30.01.2008.

Mit der streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnung vom 10.08.2015 (Anlage K 2, Bl. 26 f. d.A.) macht der Kläger Heizungs-, Warmwasser und Kaltwasserkosten geltend. Die in der Abrechnung enthaltenen Kaltwasserkosten belaufen sich auf insgesamt 455,88 EUR, vorausgezahlt haben die Beklagten insgesamt 1.800 EUR.

a)

Der Kläger kann die ebenfalls abgerechneten Verbrauchskosten der Heizung nicht geltend machen.

aa)

Es kann dahinstehen bleiben, dass die mit Anlage K 2 vorgelegte Gesamtnutzeraufstellung nicht den formalen Anforderungen der Heizkostenverordnung entspricht, nach deren Vorgaben nach § 5 Nr. 6 des Mietvertrages über die streitgegenständlichen Heiz- und Warmwasserkosten abzurechnen ist. Die Beklagten haben die vom Kläger erstellte Einzelabrechnung vorgelegt, Bl. 37 d.A.

bb)

Der Kläger ist im Hinblick auf die angefallenen Kosten des verbrauchten Brennstoffs beweisfällig geblieben. Es genügt entgegen der Ansicht der Berufung gerade nicht, lediglich die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten Öllieferungen darzulegen. Der Ölverbrauch kann denknotwendig rechnerisch nur unter Berücksichtigung der im Heizöltank bei Beginn und bei Ende des Abrechnungszeitraums vorhandenen Heizölmenge ermittelt werden. Bei der Verwendung von Heizöl sind unter Umständen sogar nicht nur der Anfangs- und der Endbestand des Öls im Tank zu ermitteln, ggf. wären zusätzlich verbrauchte Additive gegen Kalkablagerungen oder Rußbildung hinzuzusetzen (Langenberg, Betriebskostenrecht, 8. Auflage 2016, K. Heizkosten II. Abrechnungsfähige Kosten, Rn. 28).

Anfangs- und Endbestand werden vom Kläger aber jedenfalls gerade nicht angegeben. Es kann entgegen der Ansicht der Berufung nicht sowohl für das Anfangs- als auch das Enddatum des Abrechnungszeitraums unterstellt werden, dass der Heizöltank jeweils leer war und sein Inhalt bei der Errechnung des Verbrauchs also mit 0 l angesetzt werden. Auch die Berufungsbegründung geht - was denklogisch zwingend ist - davon aus, dass am 1.2.2014 noch Heizöl im Tank war, da ein Ausfall der Heizung zwischen diesem Datum, das noch in der Heizperiode liegt, und dem Zeitpunkt der nächsten auf dieses Datum folgenden Betankung des Öltanks (unstreitig der 17.03.2014) nicht erfolgte.

cc)

Eine Schätzung der Kosten des verbrauchten Brennstoffs nach § 287 Abs. 2 ZPO aufgrund der Ölverbräuche der Vorjahre kann ebenfalls nicht erfolgen. Zwar ist anerkannt, dass der Verbrauch- wenn die in einem bestimmten Zeitraum angefallenen Verbrauchswerte für Strom, Gas oder Wasser durch Messung nicht zu ermitteln sind - unter Umständen nach § 287 Abs. 2 geschätzt werden können (BeckOK ZPO/Bacher, Stand 1.3.2017, § 287 Rn. 11.5). Dass eine solche Ermittlung gar nicht möglich war, ist nicht dargetan. Der Kläger hat zwar geltend gemacht, die Messeinrichtung des Öltanks im streitgegenständlichen Mietobjekt zeige unter 1.000 l keinen Ölstand an. Es ist aber nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass zu Anfang oder Ende des Abrechnungszeitraums der Ölstand jeweils unter 1.000 l war. Der Anwendung des § 287 Abs. 2 ZPO bedarf es aber nur bei einer echten Beweisnot des Anspruchsstellers; der bloße fehlende Beweisantritt, weil der Kläger der Auffassung ist, den Verbrauch bereits anderweit nachgewiesen zu haben, ist nicht ausreichend. Zudem wäre erforderlich, dass der Vortrag der Parteien eine hinreichende Grundlage für die Schätzung bietet (BGH NJW 2014, 1298 Rn. 21 ff.). Vorliegend kann entgegen der Ansicht des Klägers als Schätzungsgrundlage der Verbrauch in früheren 3 Abrechnungszeiträumen nicht herangezogen werden. Zum einen schwankt dieser Verbrauch stark zwischen 6.820 l und 11.000 l, stellt also bereits deshalb keine hinreichende Schätzungsgrundlage dar. Zum anderen haben die Beklagten diese Verbräuche bestritten. Dem kann der Kläger vorliegend nicht entgegenhalten, sie hätten die Verbräuche durch Zahlung der sich aus ihnen ergebenden Nebenkostennachzahlungen akzeptiert. Denn aus den Nebenkostenabrechnungen der Vorjahre ergibt sich ein plausibler Ölverbrauch gerade nicht. Die von den Beklagten vorgelegten Vorjahresabrechnungen (Bl. 93 ff.d.A.) weisen jeweils für das Enddatum 0 l auf, für das Anfangsdatum des folgenden Abrechnungszeitraums jedoch wieder Heizölbestände, ohne dass ein Ölbezug ausgewiesen ist, was ausgeschlossen ist.

b)

Auch die abgerechneten Warmwasserkosten können nicht geltend gemacht werden. Dies folgt bereits daraus, dass nach eigenem klägerischen Vortrag eine separate Verbrauchserfassung für die Wohnung der Beklagten nicht erfolgte; eine solche aber zwingende Voraussetzung für die Verbrauchsabrechnung ist.

Nachdem sich aus der streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnung als ansatzfähige Position also nur Kaltwasserkosten in einer unter dem Vorauszahlungsbetrag liegenden Höhe ergeben, besteht ein Zahlungsanspruch des Klägers - selbst die formelle Wirksamkeit der Abrechnung zugunsten des Klägers unterstellt - aus § 556 Abs. 1 S. 1 BGB nicht.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

3.

Die Kammer ist aus den dargelegten Gründen einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Eine Berufung ist offensichtlich aussichtslos, wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können. Entscheidend ist, dass die Kammer die durch die Berufung aufgeworfenen Tatfragen nicht nur einstimmig, sondern auch zweifelsfrei beantworten kann und sich von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse verspricht. Das ist aus den dargelegten Gründen der Fall.

Die Kammer rät deshalb, die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückzunehmen.

Zusammenfassung:
Zur Ermittlung des Ölverbrauchs einer Heizung in einer Abrechnungsperiode ist wenigstens die Angabe des Anfangs- und Endstandes erforderlich. Die Vorlage von Tankrechnungen reicht hierzu nicht.
Rechtsgebiete:
Mietrecht
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