Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall kommt schnell die Frage auf, ob der Geschädigte einen Gutachter beauftragen darf und wie er die Kosten hierfür ersetzt erhält. Es gilt einige Fallstricke zu beachten, sonst steht man als Geschädigter am Ende da und hat neben dem Ärger auch noch Kosten. Grundsätzlich dürfen die meisten Geschädigten aber einen Sachverständiger ihrer Wahl beauftragen und der gegnerische Haftpflichtversicherer muss die Kosten ersetzen.
Ein Schadengutachten empfiehlt sich in nahezu allen Haftpflichtschäden. Abgesehen von besonderen Sonderfällen und den u.a. Bagatellschäden ist der Schädiger verpflichtet die Kosten eines solchen Gutachtens zu übernehmen. Erst ein Schadengutachten versetzt den Geschädigten in die Lage, seinen Schaden gegenüber dem gegnerischen Versicherer beziffern zu können und es dient zudem dazu, den Schaden für eine eventuelle spätere gerichtliche Auseinandersetzung zu dokumentieren.
Eine wichtige Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Schädiger die Kosten des Gutachters übernehmen muss, stellen Kleinschäden dar, die unter der sog. 'Bagatellschadengrenze' liegen. Wo genau diese - von der Rechtsprechung entwickelte Grenze - liegt, ist nicht definiert, aber die meisten Gerichte setzen sie (noch immer) bei 750 € an. Nur einige wenige Gerichte setzen die Grenze mittlerweile bei 1.000 € an.
Wichtig dabei ist aber, dass bei der Beurteilung der Frage, ob ein Bagatellschaden vorliegt, die Position des Geschädigten vor der Schadenermittlung entscheidend ist. Irrt sich der Geschädigte als Laie, obwohl er annehmen konnte und durfte, dass der Schaden deutlich jenseits der Bagatellgrenze liegt, dann kann er dennoch die Kosten des Sachverständigen ersetzt verlangen.
Wird der Schaden offensichtlich unter der Bagatellgrenze liegen - oder ist man sich unsicher und will kein Risiko eingehen, dann ist das Mittel der Wahl der Kostenvoranschlag einer Werkstatt. Die (in der Regel geringen) Kosten eines Kostenvoranschlags muss der Versicherer tragen.
An der Frage, bis zu welcher Höhe der Schädiger die Kosten des Sachverständigen übernehmen muss, entzündet sich oft Streit. Hier springt dem Geschädigten aber die Rechtsprechung zur Seite: Der Schädiger hat die erforderlichen Kosten des Gutachters zu ersetzen, d.h. die Kosten, die ein wirtschaftlich verständiger Mensch in der Lage des Geschädigten für notwendig halten durfte. Das umfasst sogar objektiv überhöhte Kosten des Sachverständigen, es sei denn, den Geschädigten trifft ein Auswahlverschulden oder die Kosten sind derart überhöht, dass sich das auch einem Laien von vornherein aufdrängen musste.
Eine Restwertermittlung braucht man bei der fiktiven Abrechnung spätestens dann, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) übersteigen. Da sich der Wiederbeschaffungsaufwand ohne Restwert aber nicht bestimmen lässt, ist an sich immer eine Restwertermittlung nötig. Nur bei eindeutigen Reparaturfällen (Reparaturkosten niedriger als 20% des Wiederbeschaffungswertes) oder bei ohnehin beabsichtigter konkreter Abrechnung der Reparatur wird man daher auf die Ermittlung eines Restwertes verzichten.
Der Geschädigte darf sein unfallbeschädigtes Fahrzeug ohne Rücksprache mit dem Versicherer zum im Gutachten benannten Restwert verkaufen. Das gilt aber nur, falls das Gutachten eine korrekte Restwertermittlung erkennen lässt. Der BGH hat erklärt, dass das dann der Fall ist, wenn 'als geeignete Schätzgrundlage für den Restwert im Regelfall drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt' ermittelt und im Gutachten benannt wurden.
Nahezu alle Gutachter beherzigen diese Regel mittlerweile. In seltenen Fällen kann es aber vorkommen, dass das Interesse am Fahrzeug derart gering ist, dass keine drei Restwertangebote vorgelegt werden können. Dann muss der Sachverständige dieses mangelnde Interesse in seinem Gutachten belegen (etwa durch Auflistung der angefragten Händler).
Der Geschädigte ist nicht verpflichtet ein Sachverständigenangebot des gegnerischen Haftpflichtversicherers anzunehmen. Der Geschädigte ist berechtigt den Schaden durch einen von ihm selbst ausgewählten und beauftragten Gutachter feststellen zu lassen.
Der Geschädigte ist sogar dann berechtigt einen eigenen Gutachter zu beauftragen, wenn der Versicherer selbst bereits einen Gutachter eingeschaltet hat. Die Kosten des Gutachters des Geschädigten muss der Versicher nur dann nicht übernehmen, falls sich der Geschädigte mit der Beauftragung des Versicherungsgutachters ausdrücklich einverstanden erklärt hatte.
Erhebt der Versicherer Einwände gegen das Gutachten, dann darf der Geschädigte eine ergänzende Stellungnahme seines Gutachters einholen. Der Versicherer muss die erforderlichen Kosten einer solchen Stellungnahme erstatten. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass der Versicherer einen sog. Prüfbericht übersendet und Reparaturkosten kürzt.
Nicht übernehmen muss der Versicherer die Kosten, soweit der Sachverständige zu rechtlichen Einwänden Stellung nimmt. Nur hinsichtlich technischer Einwände ist die Stellungnahme des Kfz-Gutachters erforderlich oder auch nur geeignet sie auszuräumen. Rechtsfragen hingegen sind Sache des Anwalts dessen Kosten der Haftpflichtversicherer ohnehin zu ersetzen hat.