1. Die vom Schädiger zu leistende Entschädigung ist nicht davon abhängig, ob einzelne Positionen tatsächlich angefallen sind.
2. UPE-Aufschläge, Verbringungskosten sind zu erstatten, soweit diese den örtlichen Gepflogenheiten entsprechen.
3. Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen sind jedenfalls bei einem Unfall im Herbst 2021 zu erstatten.
4. Die Kosten einer ergänzenden Stellungnahme des Privatgutachters bei Vorlage eines Prüfberichts durch den Versicherer sind in Höhe von 50,00 € netto zu erstatten.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.877,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.11.2021 sowie weitere 146,61 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 1.888,07 € festgesetzt
Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall vom 15.10.2021 in Eichstätt.
Die Klägerin war Eigentümerin des Pkws Audi mit dem amtlichen Kennzeichen ... Das klägerische Fahrzeug war im Unfallzeitpunkt noch keine drei Jahre alt. Die Beklagte war Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ...
Das klägerische Fahrzeug wurde bei dem Unfall beschädigt. Die Klägerin ließ ein Schadensgutachten erstellen. Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 9.369,45 € aufgrund der ortsüblichen Stundenverrechnungssätze der Audi-Vertragswerkstatt ..., eine Wertminderung in Höhe von 500,00 €, einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 40.900,00 € und einen Restwert von 28.900,00 €. Der Gutachter stellt der Klägerin 1.321,02 € in Rechnung.
Die Beklagte erstattete auf die Reparaturkosten 7.897,82 € netto und auf die Sachverständigenkosten 1.250,69 €.
In Bezug auf die Reparaturkosten machte die Beklagte technische Einwendungen aufgrund eines Prüfberichts geltend. Die Klägerin ließ die Einwände durch eine Stellungnahme des Sachverständigen beantworten. Dieser berechnete hierfür 59,50 €.
Die Klägerin entschloss sich sodann zu einer Ersatzbeschaffung, bei der Umsatzsteuer anfiel.
Die Beklagte regulierte daraufhin auf Basis von 7.897,82 € Reparaturkosten weitere 1.500,59 € Umsatzsteuer nach.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hatte den Schaden mit Schreiben vom 28.10.2021 beziffert und die Beklagte unter Fristsetzung auf den 11.11.2021 zur Zahlung aufgefordert.
Auf vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren hatte die Beklagte 987,94 € reguliert.
Die Klägerin trägt vor, sie habe die Kosten des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme bezahlt. Sie habe sich durch die Einwände der Beklagten herausgefordert sehen dürfen, eine Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen.
Auch bei fiktiver Abrechnung seien die Kosten für die Verbringung, UPE-Aufschläge und Corona-Schutzmaßnahmen zu erstatten. Eine Wagenwäsche sei notwendig, da bei Reparaturarbeiten stets Schmutz entstehe. Der Einsatz eines Richtwinkelsatzes bei der Reparatur sei erforderlich.
Die Klägerin begehrt vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert von 13.055,17 €.
Neben den in der Kalkulation aufgeführten Ersatzteilen seien weitere Kleinteile nicht erforderlich. Da bereits zahlreiche Kleinersatzteile im Gutachten aufgeführt sind, sei ein pauschaler Aufschlag für Kleinersatzteile in Höhe von 58,09 € netto nicht zusätzlich vorzunehmen. UPE-Aufschläge in Höhe von 15 % könnten fiktiv nicht erstattet werden. Kosten für eine Fahrzeugreinigung seien nicht unfallbedingt. Es sei davon auszugehen, dass Qualitätswerkstätten heutzutage Richtwinkelsätze zumindest für gängige Fahrzeuge verhalten, so dass entsprechende Anschaffungskosten bereits in den Gemeinkosten berücksichtigt seien. Sollten im Rahmen einer Reparatur dennoch Mietkosten entstehen, könnten diese nur durch Vorlage eines geeigneten Nachweises akzeptiert werden. Verbringungskosten in Höhe von 142,00 € seien fiktiv nicht zu erstatten.
Desinfektionskosten in Höhe von 50,10 € netto seien nicht erstattungsfähig, nicht erforderlich, bereits in den Gemeinkosten/Stundenverrechnungssätzen enthalten und deutlich überhöht.
Die Beklagte begehrt vorsorglich von der Klägerin die Abtretung ihrer Schadensersatzansprüche gegenüber der Werkstatt.
In Bezug auf die Nebenkosten des Sachverständigen sei die BVSK-Tabelle nicht zum Vergleich heranzuziehen, sondern die Grundsätze des Zeugengebührenentschädigungsgesetzes.Fahrtkosten habe die Beklagte unter Berücksichtigung der konkreten Fahrtstrecke ausreichend ersetzt. Es könnten nur 9 Fotoseiten, nicht 18 einzelne Fotos abgerechnet werden. Dies gelte auch für den 2. Fotosatz. Bei den Schreibkosten sei nur 8 tatsächlich geschriebene Seiten zu berücksichtigen, nicht 12.
Die Kosten für eine weitere gutachterliche Stellungnahme seien nicht erstattungsfähig. Die Klägerin habe damit rechnen müssen, dass eine gerichtliche Klärung notwendig wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.877,24€ und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 146,61 € jeweils nebst Zinsen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.877,24 € gemäß §§7 Abs.1, 17, 18 StVG, 249ff. BGB i.V.m. §115 Abs.1 S.1 Nr.1 VVG,§1 PflVG.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Streitig sind lediglich restliche Reparaturkosten und Sachverständigenkosten.
Die Klägerin kann von der Beklagten weitere Reparaturkosten in Höhe von 1.471,63 € netto zuzüglich darauf entfallender Umsatzsteuer in Höhe von 279,61 € verlangen. Die Abzüge der Beklagten sind nicht berechtigt. Grundsätzlich gilt:
Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß §249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VIZR 185/16). Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet (vgl. Senatsurteile vom 6. November 1973 - VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 347 f.; vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 13; vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13, VersR 2014,474 Rn. 7). Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559). Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16).
Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach §249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16).
Den Geschädigten trifft gemäß §249 Abs 2 Satz1 BGB grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes (BGH, Urteil vom 05.06.2018 Az. VI ZR 185/16). Dieser Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage einer - von ihm beglichenen Rechnung - des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen (BGH Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadenbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16, m.w.N.).
Allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bildet einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von §249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des von einem Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwandes bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von §249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Diese Grundsätze gelten sowohl bei einer Abtretung der Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten, als auch in dem Fall, in dem der Geschädigte seinen Schaden selbst geltend macht (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16). Wird lediglich die unbeglichene Rechnung vorgelegt, genügt danach ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beigebracht werden (BGH, Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16).
Das Gericht is der Ansicht, dass die vom BGH zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten entwickelten Grundsätze der Erstattungsfähigkeit von Reparaturrechnungen dem Grund nach zu übertragen sind. Es liegt in beiden Fällen eine vergleichbare Interessenlage vor. Der Geschädigte ist bei der Frage der Ersatzfähigkeit der von ihm getätigten Aufwendungen unter Beachtung der Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung in der Wahl der Mittel zur Wahl der Schadensbehebung frei. Hat er jedoch noch keine Aufwendungen getätigt, weil er u.U. selbst Zweifel an der Berechtigung der streitigen Forderung hat, kann dies nur eingeschränkt gelten und zur Beweisbedürftigkeit der bestrittenen Forderung führen. Allerdings stellt ein vom Geschädigten erholtes Schadensgutachten regelmäßig einen 'anderen konkreten Anhaltspunkt für den Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten' dar. Das vom Geschädigten in einem Haftpflichtprozess nach einem Verkehrsunfall vorgelegte Schadensgutachten eines von ihm beauftragten Sachverständigen stellt substantiierten Parteivortrag dar (OLG Hamm, NZV 2015, 37). Es obliegt daher der Beklagten, die von ihr nicht für erforderlich gehaltenen Reparaturkosten ebenso substantiiert zu bestreiten.
Der Abzug bei den UPE-Aufschlägen, Verbringungskosten und Kosten für einen Richtwinkelsatz ist nicht nicht berechtigt. Die Beklagte ist mit einem Teil der Rechtsprechung und Literatur zu Unrecht der Auffassung, derartige Beträge seien erst ersatzfähig, wenn sie tatsächlich angefallen sind.
Erkennt man im Hinblick auf § 249 II BGB und unter Berücksichtigung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung von Reparaturkoten an, ohne dass es auf die Durchführung der Reparatur und deren Nachweis ankommt (st. Rspr., BGH, NJW 1992, 1618; BGHZ 154, 395), dann kann die vom Schädiger zu leistende Geldentschädigung gerade nicht davon abhängig sein, dass die Kosten angefallen sind (ebenso: LG Coburg, Beschluss vom 31.07.2009; OLG Dresden, DAR 2011, 455; OLG Düsseldorf, DAR 2002, 68, DAR 2008, 523; OLG Koblenz, NZV 1998, 465; AG Hamburg, Urteil vom 13.06.2005, Az. 648 C 88/05, m.w.N.; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 27.11.2007, Az. 111 C 3246/06). Berücksichtigt man zudem, dass die Sachverständigen die Bemessung der Schadenshöhe nach den örtlichen Verhältnissen vornehmen, ist auch davon auszugehen, dass der Anfall der genannten Kosten grundsätzlich den örtlichen Gepflogenheiten entspricht.
Auch der Wortlaut des § 249 Abs. 2 BGB spricht für dieses Ergebnis, wonach bei fiktiver Abrechnung eben nur die Umsatzsteuer nicht zu ersetzen ist. Weitere mögliche Rechnungsposten sind gerade nicht aufgezählt und somit grundsätzlich erstattungsfähig. Dies gilt nach einer neueren Entscheidung des BGH z.B. auch für fiktive Sozialabgaben und Lohnnebenkosten: Bei einer fiktiven Schadensabrechnung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB umfassen die erforderlichen Reparaturkosten auch allgemeine Kostenfaktoren wie Sozialabgaben und Lohnnebenkosten (BGH, Urteil vom 19.02.2013, Az. VI ZR 69/12). Auch in dem vom BGH entschiedenen Fall wollte die Verkehrs-Haftpflichtversicherung des Schädigers fiktive Kosten, nämlich die Sozialabgaben und Lohnnebenkosten nicht ersetzen. Der Gesetzgeber hat mit § 249 Abs. 2 S. 2 BGB die Erstattung nicht angefallener Umsatzsteuer bei fiktiver Schadensabrechnung ausdrücklich vom Schadensersatzanspruch ausgenommen (BGH a.a.O.). Er hat hiermit lediglich einen - systemwidrigen - Ausnahmetatbestand geschaffen, der nicht analogiefähig ist (BGH a.a.O.). Die im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen (Gesamt-)Reparaturkosten eines Kraftfahrzeuges nach einem Verkehrsunfall setzen sich aus vielen einzelnen Kostenfaktoren zusammen und lassen sich schadensrechtlich nicht aufspalten in einen 'angefallenen' und einen 'nicht angefallenen' Teil (BGH a.a.O.). Dies wäre in der Rechtspraxis nicht handhabbar und würde dem Geschädigten sowohl die Ersetzungsbefugnis als auch die Dispositionsfreiheit im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nehmen (BGH a.a.O.).
Weiter führt der BGH in seinem Urteil vom 29.10.2019, Az.: VI ZR 45/19 zu diesem Thema aus:
Der die Reparaturkosten fiktiv abrechnende Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 8; vom 5. Dezember 2017 - VI ZR 24/17, VersR 2018, 237 Rn. 9 mwN). Dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile und die Frage der Berücksichtigung von UPE-Aufschlägen (Senatsurteil vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 10, 13).
Der BGH hat damit nochmals die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit verschiedener Kostenfaktoren einer Kfz-Reparatur bei fiktiver Abrechnung bestätigt. Eine Aufspaltung in angefallene und nicht angefallene Kosten ist nicht möglich. Dies ist auch auf den streitgegenständlichen Sachverhalt übertragbar. Zwar begehrt die Klägerin aufgrund der Ersatzbeschaffung auch Mehrwertsteuer auf die Reparaturkosten, die Reparatur wurde jedoch nicht durchgeführt, die Abrechnung ist insoweit vollständig einer fiktiven Abrechnung vergleichbar.
In Bezug auf den Richtwinkelsatz ist zudem nicht substantiiert bestritten, dass dieser generell nicht erforderlich ist. Die Beklagte trägt insoweit nur vor, dass davon auszugehen sei, dass Qualitätswerkstätten heutzutage Richtwinkelsätze zumindest für gängige Fahrzeuge vorhalten, so dass entsprechende Anschaffungskosten bereits in den Gemeinkosten berücksichtigt seien. Inwieweit das auf den konkreten Fall, also auf das konkrete klägerische Fahrzeug im Speziellen, Anwendung finden soll, wurde hingegen nicht vorgetragen.
Soweit die Beklagte einen Zuschlag in Höhe von 58,09 € nicht zahlen will, bezieht sie dies in ihrer Klageerwiderung sowohl auf 'Kleinteile', als auch 'Kleinersatzteile'. Im insoweit von ihr zitierten Prüfbericht ist noch von Kleinteilen die Rede, später dann von Kleinersatzteilen. Hier ist jedoch begrifflich zu trennen. Der Zuschlag in Höhe von 58,09 € wird in dem mit mit Anlage K1 vorgelegten Schadensgutachten lediglich auf 'Klein-, Verbrauchsmaterial' vorgenommen. Dies erfolgt zu Recht und wie von beiden Seiten vorgetragen in Abstimmung mit der Versicherungswirtschaft. Abgerechnet werden gerichtsbekannt nicht oder schwer quantifizierbare Materialien wie Schmierstoffe, Reinigungsmittel, Schräubchen, Unterlegscheiben etc. Dies ist gerade von den eigentlichen Ersatzteilen zu trennen,, die gesondert abgerechnet werden.
Auch der Abzug bei den Kosten für die Fahrzeugreinigung ist nicht berechtigt. Die Beklagte hatte insoweit lediglich vorgetragen, Kosten für eine Fahrzeugreinigung seien nicht unfallbedingt. Dem kann in dieser Pauschalität nicht gefolgt werden. Streitgegenständlich bewegen sich die Reparaturkosten in einem höheren vierstelligen Bereich. Nach vorgelegtem Schadensgutachten ist zur fachgerechten Reparatur u.a. auch eine Lackierung des Fahrzeugs erforderlich. Bei Lackierarbeiten sind gerichtsbekannt regelmäßig Reinigungsarbeiten erforderlich, so dass es der Beklagten für ein substantiiertes Bestreiten oblegen hätte, den Anfall derartiger Kosten im konkreten Fall substantiiert zu bestreiten.
Kosten für sog. Corona-Schutzmaßnahmen sind in ständiger Rechtsprechung des Gerichts als unfallkausaler Schaden anzusehen. Es handelt sich bei der Umlage dieser Kosten um eine betriebswirtschaftliche Entscheidung des Reparaturbetriebs. Für die Umlagefähigkeit ist es ohne Belang, ob diese Kosten gesondert ausgewiesen werden oder in den (dann ggfs. erhöhten) Stundensätzen für die Mitarbeiter enthalten sind, wenn man sie als Arbeitsschutzmaßnahmen, Gemeinkosten, Kosten des Geschäftsbetriebs usw. bezeichnet. In Anbetracht der im Unfallzeitpunkt im Herbst 2021 bestehenden Pandemie-Situation und des nach wie vor gültigen Aufrufs, höchstmögliche Sorgfalt bei der Hygiene anzuwenden, besteht an der Erstattungsfähigkeit derartiger Kosten kein Zweifel. Auch die Höhe der im Streit stehenden Kosten bewegt sich innerhalb eines im hiesigen Bezirk üblicherweise verlangten Betrags und ist daher nicht zu beanstanden.
EIne Abtretung klägerischer Schadensersatzansprüche in Bezug auf Reparaturkosten Zug um Zug gegen weitere Zahlung durch die Beklagte kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Klägerin hat ihr Fahrzeug nicht reparieren lassen und dementsprechend nichts an eine Werkstatt bezahlt. Insoweit kann ihr gegenüber der Werkstatt auch kein Schadensersatzanspruch zustehen, der abgetreten werden könnte.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 119,00 €.
In Bezug auf Sachverständigenkosten findet streitgegenständlich die subjektbezogene Schadensbetrachtung keine Anwendung. Die Klägerin hat auf das Bestreiten der Beklagten nicht bewiesen, dass sie diese Kosten bezahlt hat.
Der BGH führt hierzu in seinem Urteil vom 05.06.2018, Az. VI ZR 185/16, weiter aus:
Denn es bildet nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der von der Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des von einem Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher. Es genügt danach ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Zessionar andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringt. Bei der dann vom Tatrichter zu leistenden Bemessung der Schadenshöhe ist zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen. Im Rahmen der Schätzung der Höhe dieses Schadensersatzanspruches gem. § 287 ZPO kann bei Fehlen einer Preisvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen - eine solche hat die Klägerin nicht geltend gemacht - an die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB angeknüpft werden, denn der verständige Geschädigte wird unter diesen Umständen im Regelfall davon ausgehen, dass dem Sachverständigen die übliche Vergütung zusteht. Diese ist dann regelmäßig schadenrechtlich erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Die zu ersetzenden Sachverständigenkosten für die Erstellung des Schadensgutachtens belaufen sich auf 1.310,19 € brutto. Abzüglich der Teilzahlung von 1.250,69 € verbleibt eine offene Forderung der Klägerin in Höhe von 59,50 €.
Die im Rahmen des § 632 Abs.1 BGB an den Sachverständigen geschuldete Vergütung musste sich unter Anwendung der schadensrechtlichen Gesichtspunkte im Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen bewegen gem. § 249 Abs. 2 BGB (BGH, NJW 2007, 1450).
Die BVSK-Honorartabelle 2015 kann grundsätzlich als Schätzgrundlage zur Ermittlung des üblichen Sachverständigenhonorars gemäß § 287 ZPO herangezogen werden (OLG München, Hinweisbeschluss vom 12.03.2015, 10 U 579/15 - juris; LG Fulda, Urteil vom 24.04.2015, Aktenzeichen 1 S 168/14, BeckRS 2015, 08658; OLG München, Urteil vom 26. Februar 2016, 10 U 579/15, BeckRS 2016, 04574).
Erstattungsfähig ist hier nach Auffassung des Gerichts insgesamt eine Vergütung in Höhe von 1.310,19 € brutto (§ 287 Abs. 1 ZPO).
Die Schätzung der üblichen Vergütung erfolgt dabei nach den Werten der BVSK-Umfrage 2020 entsprechend des Urteils des OLG München vom 26.02.2016 (s.o.). Die Werte der BVSK-Umfrage 2020 stellen nach Auffassung des Gerichts eine taugliche Schätzgrundlage für die übliche Vergütung dar.
An dieser Rechtsprechung wird auch im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.04.2016 (BGH, NJW 2016,3092) festgehalten. Durch dieses wurde zwar als Schätzgrundlage für Nebenkosten (außer Fahrtkosten) das JVEG gebilligt, jedoch schließt dies nicht aus, dass der BGH auch die BVSK 2018 als taugliche Schätzgrundlage billigt. Zudem in diesem Urteil auch noch einmal ausdrücklich betont wird, dass die Bemessung der Höhe des Schadensersatzes in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters sei (BGH, NJW 2016, 3092).
Danach gilt für den vorliegenden Fall folgendes:
Die Höhe der Fahrtkosten ist nicht zu beanstanden. Der Sachverständige berechnet für die unstreitig gefahrenen Kilometer Fahrtkosten in Höhe von 0,70 € pro km. Nach der Honorarbefragung BVSK 2020 können Fahrtkosten in Höhe von 0,70 € pro Kilometer abgerechnet werden. Ferner sind nach der Honorarbefragung BVSK 2020 Fotokosten von 2,00 € je Lichtbild und nicht je Fotoseite als Nebenkosten anerkannt. Gleiches gilt für die Kopierkosten je Lichtbild des 2. Fotosatzes.
Bezüglich der Schreibkosten ist ein Betrag von 17,90 € netto / 21,30 € brutto anzusetzen. Nach BVSK 2020 können pro Schreibseite 1,80 € angesetzt werden und für Kopien 0,50 € pro Seite. Das Gutachten enthält 8 echte Schreibseiten (8 x 1,80 € = 14,40 €). Für die Audatex-Seiten werden aufgrund des geringeren Erstellungsaufwands lediglich 0,50 € pro Seite angesetzt (7 x 0,50 € = 3,50 €). Es ergibt sich bei den Sachverständigenkosten daher ein Abzug in Höhe von 9,10 € netto / 10,83 € brutto.
Die Klägerin kann auch die Kosten der ergänzenden Stellungnahme durch den Sachverständigen in Höhe von 59,50 € verlangen.
Die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten setzt voraus, dass die Maßnahme jedenfalls aus der Sicht des Geschädigten zur Schadenbeseitigung erforderlich war, § 249 Abs. 2 BGB. Der Schädiger hat grundsätzlich für alle durch das Schadensereignis verursachten Kosten einzustehen, an die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sind keine überhöhten Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1995, 446).
Zu diesen Kosten zählen dem Grunde nach auch die Kosten für eine ergänzende Stellungnahme des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen. Die Beklagte hatte ihrerseits durch eigene Experten das Schadensgutachten überprüfen lassen und auf dieser Grundlage Abzüge bei der Schadenshöhe vorgenommen. Die Klägerin durfte hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einholen, um etwaige offene Fragen und Unklarheiten beseitigen zu lassen. Die hierfür anfallenden Kosten zählen zum klägerischen Schaden. Es ist auch nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass ein sog. Prüfbericht das letzte Wort der Haftpflichtversicherung des Schädigers ist. Gerichtsbekannt gibt es auch andere Regulierungsverhalten von Haftpflichtversicherungen, bei denen nach weiterer Erläuterungen von Schadenspositionen - sei es durch eingeschaltete Rechtsanwälte oder Sachverständige - durchaus weitere Teilzahlungen auf verschiedene Schadenspositionen vorgenommen werden. Die Klägerin musste nicht per se damit rechnen, dass sogleich eine gerichtliche Klärung notwendig ist.
Das OLG München führt in seinem Urteil vom 26.02.2016, Az. 10 U 579/15, dort Rz. 25, aus, dass, wenn sich ein Sachverständiger auf Anfrage inhaltlich zu rechtfertigen hat, etwa weil die Versicherung das Gutachten durch eigene Gutachter überprüfen ließ und Einwände erhebt und sich ergibt, dass das Gutachten nicht oder nur geringfügig zu beanstanden ist, der Sachverständige für die Rechtfertigung seines Gutachtens einen Betrag von 50,00 € ohne Nebenkosten verlangen kann. Dieser Betrag zzgl. Mehrwertsteuer wurde vom Sachverständigen der Klägerin für seine ergänzende Stellungnahme verlangt und ist somit nicht zu beanstanden.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind als Kosten der Rechtsverfolgung gemäß § 249 BGB ebenfall sersatzfähig.Sie berechnen sich entsprechend dem Gegenstandswert des ersatzfähigen Schadens. Es ist eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13,14 RVG Nr. 2300 VV RVG zuzüglich Pauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr.7002 VV RVG zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 19% ersatzfähig. Nachdem insgesamt ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 13.044,34 € vorliegt, ergeben sich vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.134,55 €. Hierauf hat die Beklagte vorgerichtlich 987,94 € reguliert, so dass weitere 146,61 € zu erstatten sind.
Die Klageforderung ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB wie tenoriert zu verzinsen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §92 Abs.2 Nr.1 ZPO. DieEntscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.